Kein Herausgabeanspruch nach Zug-um-Zug-Verurteilung
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Eine Verurteilung zu Schadensersatz Zug-um-Zug gegen die Übereignung einer Sache gibt dem Schädiger keinen Herausgabeanspruch. Ein vom sogenannten Dieselskandal betroffener Autokäufer, der den Wagen trotz Schadensersatzzahlung laut Urteil nicht an die verurteilte Beklagte zurückübereignete, sondern mit Gewinn weiterverkaufte, muss den Verkaufserlös nicht an sie abgeben. Laut Bundesgerichtshof besteht nur noch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch gegen ihn.

Manipuliertes Dieselfahrzeug nicht rückübereignet

In einem Vorprozess 2020 erwirkte ein Käufer eines Skoda Octavia mit einem abgasmanipulierten EA 189-Motor ein Urteil, wonach ihm die Schädigerin noch 420 Euro (von ursprünglich geforderten 13.500 Euro) plus Zinsen Schadensersatz gegen Herausgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs zahlen musste. Es wurde weiter festgestellt, dass sie sich im Annahmeverzug befunden hatte. Nach Rechtskraft des Urteils zahlte sie unaufgefordert die Summe an den ehemaligen Kunden aus. Dieser aber gab das Fahrzeug nicht an sie zurück, sondern verkaufte den Wagen für 5.500 Euro - mit Gewinn - weiter. Vor dem Amtsgericht Kleve verlangte die ehemalige Beklagte erfolgreich die Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs. Vor dem Landgericht Kleve stellte das Unternehmen die Klage um und forderte statt des Fahrzeugs die Herausgabe des vereinnahmten Kaufpreises und stützte sich dabei allein auf den Weiterverkauf. Auch dieser Klage wurde stattgegeben. Der Mann wandte sich nun an den Bundesgerichtshof - mit Erfolg.

Kein Vorteilsausgleich nach Vorprozess möglich

Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung im Schadensersatzprozess beschränken laut BGH den Anspruch des durch die manipulierte Abgassoftware geschädigten Autokäufers. Er solle durch den Schaden nicht bereichert werden, sondern nur einen Ausgleich für den Minderwert erhalten. Die Schädigerin kann dem VIa. Zivilsenat zufolge aber nach Rechtskraft des vorherigen Schadensersatzurteils aus diesen Grundsätzen keinen Anspruch auf Herausgabe des Kaufpreises herleiten. Sie könne nur noch die Rückzahlung der 420 Euro aus Bereicherungsrecht fordern. Die Karlsruher Richter wiesen die Klage dennoch vollständig ab, weil der Bereicherungsanspruch nicht Klagegegenstand gewesen war.

Keine analoge Anwendung des § 255 BGB möglich

Das Landgericht hatte der Fahrzeugherstellerin einen Anspruch auf Herausgabe des Ersatzes nach § 285 Abs. 1 BGB zugesprochen und dafür § 255 BGB (Abtretung der Ersatzansprüche) analog angewandt: Ursprünglich sei zwar nur die Zug-um-Zug-Herausgabe und -Rückübereignung des Wagens tituliert worden, aber § 255 BGB enthalte für diesen Fall wohl eine planwidrige Regelungslücke. Dem tritt der BGH entgegen: Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung vermittelten selbst keinen Herausgabe- und Rückübereignungsanspruch des Autos. Die Regeln des Annahmeverzugs nach den §§ 293 ff BGB und die Vollstreckungsregeln §§ 756, 765 ZPO (Verurteilung Zug-um-Zug) änderten daran nichts, weil sie ebenfalls ein gegenseitiges Schuldverhältnis nicht selbst begründeten, sondern nur voraussetzten. Den Karlsruher Richtern zufolge liegt weder eine planwidrige Regelungslücke noch eine vergleichbare Interessenlage vor.

BGH, Urteil vom 25.07.2022 - VIa ZR 485/21

Redaktion beck-aktuell, 30. August 2022.