Kein Geldersatz für ins Grundstück gewachsene Wurzeln
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Die Vorschrift des § 281 BGB findet auf Schadenersatzansprüche eines Eigentümers auf Beseitigung einer Störung aus § 1004 Abs. 1 BGB keine Anwendung. Eine Zahlung wäre laut Bundesgerichtshof mit dem Zweck des sachenrechtlichen Beseitigungsanspruchs, den eigentumsrechtlichen Zustand wiederherzustellen, nicht vereinbar. Dieser müsste dann auch erlöschen, wenn die Beeinträchtigung tatsächlich noch fortbestehe, was aber nicht möglich sei.

Pflastersteine durch Baumwurzeln angehoben

Ein Grundstückseigentümer verklagte seine Nachbarn auf Schadensersatz. Auf dem Grundstück der Beklagten stand unweit der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine Pappel. Deren Wurzeln wuchsen in das Grundstück des Klägers hinein und trieben dort aus. Dadurch wurden die Pflastersteine in dessen Garageneinfahrt angehoben. Die Nachbarn weigerten sich, den Baum zu fällen beziehungsweise die eingedrungenen Wurzeln zu beseitigen und Vorsorge gegen künftige Beeinträchtigungen, etwa durch den Einbau einer Wurzelsperre, zu treffen. Erst während des Prozesses erklärten sie sich vorbehaltlich einer behördlichen Genehmigung bereit, eine Wurzelsperre einzubauen. Dies war bis zur Entscheidung des BGH nicht geschehen. Auch die Unebenheit des Pflasters war noch nicht beseitigt worden. Für die anstehende Reparatur seines Pflasters und das Einbringen einer Wurzelsperre möchte der Eigentümer 2.040 Euro netto haben.

LG: Keine Grundlage für Zahlungsanspruch

Während das Amtsgericht Cottbus der Klage stattgab, wies das dortige Landgericht diese auch im Hinblick auf den erstmals gestellten Hilfsantrag auf Beseitigung der Wurzeln ab. Ein Anspruch aus § 812  Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB komme nicht in Betracht, weil der Kläger die Beklagten nicht durch Selbstvornahme der Arbeiten von deren Verbindlichkeit aus § 1004 Abs. 1 BGB befreit habe. Ein Schadenersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB scheitere bereits daran, dass § 281 BGB auf einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB weder unmittelbar noch analog (mangels planwidriger Regelungslücke) anwendbar sei. Das LG hatte die Revision auf die Frage des Bestehens von Zahlungsansprüchen wegen der Wurzeln der Pappel beschränkt. Sie wurde vom Eigentümer eingelegt, blieb aber ohne Erfolg.

§ 281 BGB findet keine Anwendung

Der V. Zivilsenat pflichtete den Ausführungen des LG bei. Die Vorschrift des § 281 BGB finde auf den Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Entfernung der herübergewachsenen Wurzeln und Wiederherstellung des Pflasters der Garageneinfahrt keine Anwendung. Eine Schadenersatzzahlung, die unabhängig von der Beseitigung der Beeinträchtigung geleistet werde und über deren Verwendung der Eigentümer frei entscheiden könne, wäre mit dem Zweck des Beseitigungsanspruchs nicht vereinbar. Dieser habe lediglich zum Ziel, den dem Eigentumsrecht entsprechenden Zustand wiederherzustellen (so genannte Rechtsverwirklichungsfunktion). Mit einer Zahlung wäre nicht gewährleistet, dass der dem Eigentumsrecht entsprechende Zustand tatsächlich wiederhergestellt werde. Insbesondere stünde die in § 281 Abs. 4 BGB vorgesehene Rechtsfolge, der Ausschluss des Leistungsanspruchs, mit diesem Zweck in Widerspruch. Der Beseitigungsanspruch müsste danach auch dann erlöschen, wenn die Beeinträchtigung – wie hier – tatsächlich noch fortbestehe. Dies sei nicht möglich, da der Beseitigungsanspruch bei fortbestehender Beeinträchtigung sofort wieder neu entstünde.

BGH, Urteil vom 23.03.2023 - V ZR 67/22

Redaktion beck-aktuell, 10. Mai 2023.