Pflichtwidrig gekündigter Mieter machte Maklerkosten für Eigentumserwerb geltend
Der Kläger im ersten Verfahren (Az.: VIII ZR 238/18) war Mieter einer Wohnung der Beklagten in Berlin. Ihm wurde wegen Eigenbedarfs gekündigt. Das Amtsgericht gab der nachfolgenden Räumungsklage statt. Während des laufenden Berufungsverfahrens, das mit einem Räumungsvergleich endete, erwarb der Kläger unter Einschaltung eines Maklers eine Eigentumswohnung in Berlin und musste ihm hierfür eine Provision in Höhe von 29.543,42 Euro zahlen. Als die Beklagte den in der Mietkündigung behaupteten Eigenbedarf nach Auszug des Klägers nicht realisierte, machte der Kläger die Maklerkosten als Schadensersatz geltend. Das Amtsgericht wies die Klage ab.
Berufungsgericht sprach Kläger Maklerkosten zu
Das Berufungsgericht gab dem Kläger hingegen wegen Verletzung der nachvertraglichen Treuepflicht des Vermieters Recht. Die Beklagte sei nicht nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, sondern darüber hinaus bis zum Ablauf der im Vergleich vereinbarten Räumungsfrist verpflichtet gewesen, den Kläger über den nachträglichen Wegfall des Eigenbedarfs zu informieren. Der wegen der Pflichtverletzung ersatzfähige Schaden umfasse auch die für die Vermittlung der Eigentumswohnung angefallenen Maklerkosten. Es könne keinen Unterschied machen, ob sich der Kläger dafür entscheide Eigentum zu erwerben oder erneut eine Wohnung anzumieten.
BGH: Kein Anspruch auf Maklerkosten für Eigentumserwerb
Der Bundesgerichtshof hat in beiden Fällen die Ansprüche der Mieter mangels Vorliegend eines erstattungsfähigen Schadens zurückgewiesen. Die Schadensersatzpflicht des pflichtwidrig handelnden Vermieters umfasse nicht die Maklerkosten, die einem Mieter entstehen, der von der Anmietung einer neuen Wohnung absehe und stattdessen Wohnungs- oder Hauseigentum erwerbe. Zwar stelle der Erwerb von Eigentum an einer Wohnung beziehungsweise einem Hausanwesen vorliegend noch eine adäquat kausale Reaktion des Mieters auf eine (unterstellte) Pflichtverletzung des Vermieters dar. Es liege nicht außerhalb des zu erwartenden Verlaufs der Dinge, dass die Mieter den notwendigen Wohnungswechsel zum Anlass genommen hätten, ihre Wohnbedürfnisse künftig nicht in angemieteten, sondern eigenen Räumlichkeiten zu befriedigen und zu dessen Erwerb einen Makler einschalten.
Aus Besitzverlust wird Eigentümerstellung
Jedoch seien die im Zuge des Eigentumserwerbs aufgewandten Maklerkosten nicht mehr vom Schutzzweck der jeweils verletzten Vertragspflicht umfasst. Denn eine vertragliche Haftung – hier der jeweiligen Vermieter – bestehe nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen worden sei. Der Schaden müsse in einem inneren Zusammenhang mit dem (verletzten) Gebrauchserhaltungsinteresse des Mieters stehen, was bezüglich der Maklerkosten nicht der Fall sei. Der Mieter habe mithilfe des Maklers nicht lediglich seinen Besitzverlust an der bisherigen Wohnung ausgeglichen, sondern im Vergleich zu seiner bisherigen Stellung eine hiervon zu unterscheidende (Rechts-)Stellung als Eigentümer eingenommen.
Interesse am Mietbedarf ist durch Eigentumserwerb weggefallen
Der (bisherige) Mieter unterliege als (späterer) Eigentümer hinsichtlich der Wohnungsnutzung keinen vertraglichen Bindungen mehr. Sein Besitzrecht an der Wohnung sei nicht mehr wie zuvor ein abgeleitetes, sondern ein ihm originär zustehendes Recht, das ihm grundsätzlich eine uneingeschränkte und eigenverantwortliche Nutzungs- und Verfügungsbefugnis (§ 903 BGB) gebe. Zudem sei dieses (Nutzungs-)Recht nicht zeitlich begrenzt. Demgegenüber gehöre es zum Wesen des Mietvertrags, dass dem Mieter (lediglich) ein Anspruch auf Gebrauchsüberlassung auf Zeit zustehe. Diese zeitliche Begrenzung sei auch zu berücksichtigen, wenn es um die Bestimmung der Ersatzfähigkeit von Schäden des Mieters in Fällen wie den vorliegenden gehe. Durch den Abschluss des Mietvertrags hätte der Mieter sein Interesse an der Erlangung eines zeitlich begrenzten Gebrauchsrechts gezeigt. Erwerbe er eine Wohnung beziehungsweise ein Hausanwesen zu Eigentum, verfolge er bezüglich der Deckung seines Wohnbedarfs andere Interessen als bisher.
BGH verweist zweites Verfahren zurück
Im zweiten Verfahren (Az.: VIII ZR 371/18) hatte der Mieter nach Streitigkeiten mit dem Vermieter und Kündigung etwa 250 km entfernt ein Einfamilienhaus erworben und machte Maklerkosten geltend. In diesem Fall verneinten die Vorinstanzen einen Anspruch. Es handele sich hier weder um vergleichbaren noch um angemessenen Ersatzwohnraum. Vielmehr habe der Beklagte anlässlich der Kündigung seine Lebensumstände so verändert, dass die in der Folge getätigten Aufwendungen nicht mehr zurechenbar auf die Pflichtverletzung des Klägers zurückzuführen seien. Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren zurückverwiesen, damit geprüft werden könne, ob dem Mieter ein Anspruch auf Ersatz der weiter geltend gemachten Kündigungsfolgeschäden in Form der Umzugskosten, der Mehrkosten für eine angemietet Übergangsunterkunft sowie der Kosten für den Aus- und Umbau der Einbauküche zustehe. Im Gegensatz zu den Maklerkosten für den Eigentumserwerb stünden diese Schäden noch in dem gebotenen inneren Zusammenhang zur Vertragspflichtverletzung des Vermieters.