Kein Anspruch auf Idealpferd
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Der Bundesgerichtshof hat die lange Liste der Entscheidungen zum Pferdekauf  um ein Grundsatzurteil erweitert: Die für die amtliche Sammlung vorgesehene Entscheidung des VIII. Zivilsenats lässt sich wie folgt zusammenfassen: Der an einem Dressurpferd interessierte Käufer hat keinen Anspruch darauf, dass das Tier seinen Idealvorstellungen entspricht. Lebewesen hätten eben unterschiedliche Anlagen, so der BGH.

"Rittigkeitsprobleme“ des Sportpferds

Die Klägerin hatte auf einer Auktion ein fünf Jahre altes Pferd zur Ausbildung als Dressurpferd erworben. Sie ging dabei davon aus, dass das Pferd Prüfungen einer hohen Leistungsklasse würde absolvieren können. Diese Hoffnung zerschlug sich aber, da das Tier "Rittigkeitsprobleme“ zeigte und insbesondere vor Hindernissen blockierte. Aus Sicht der Klägerin war dies auf sogenannte "kissing spines“, Engstände der Dornfortsätze der Wirbelsäule, zurückzuführen.

BGH korrigiert OLG

Das Oberlandesgericht entschied in der Vorinstanz zu ihren Gunsten. Zwar habe die Sachverständige darauf hingewiesen, dass diese Veränderungen auch bei gesunden Tieren aufträten, eine Verwendung im Leistungssport nicht grundsätzlich ausschlössen und aktuell keine Auswirkungen beim Reiten erkennbar wären. Aber die Gehorsamsprobleme könnten dennoch darauf beruhen. Dies genügte dem OLG. Der BGH sah es anders und verwies die Sache zurück ans OLG. Unter umfangreicher Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung geht der Senat geradezu schulmäßig die Besonderheiten der Sachmängelhaftung beim Pferdekauf durch. Die Gründlichkeit kommt auch in den insgesamt acht Leitsätzen zum Ausdruck, die der BGH seinem Urteil voranstellt.

Klare Mangelermittlung erforderlich

Falls – wie hier – keine besondere Beschaffenheit vereinbart worden sei, gelte beim Kauf von Tieren die Freiheit von Krankheit als Maßstab. Hierzu zähle auch die hohe Wahrscheinlichkeit einer baldigen Erkrankung. Die bloße Möglichkeit, dass sich aus einer Abweichung vom Normalmaß irgendwann eine Erkrankung entwickeln könnte, reiche hingegen nicht aus. Zumindest derzeit sei ein pathologischer Zustand nicht nachgewiesen. Auch sei der Zusammenhang der "Rittigkeitsprobleme“ mit den "kissing spines“ bislang nicht nachvollziehbar. Solange keine Auswirkung beim Reiten nachgewiesen seien, könne man nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass das Tier aufgrund von Rückenschmerzen blockiert habe.

Bloße Verweigerung ist kein Mangel

Die bislang damit im Raum stehenden Gehorsamsprobleme genügten den Bundesrichtern nicht. Die Vorstellung, dass sich das Pferd in eine bestimmte Richtung entwickeln lasse, hätte Eingang in den Vertrag finden müssen, heißt es im Urteil. Ansonsten sei kein Pferd mit "idealen Anlagen“ geschuldet. Hier verwirkliche sich vielmehr das Risiko beim Kauf eines Lebewesens, wozu auch eine "Disharmonie“ zwischen Reiter und Pferd zähle.

BGH, Urteil vom 27.05.2020 - VIII ZR 315/18

Redaktion beck-aktuell, 23. Juni 2020.