Auf dem niederländischen Online-Marktplatz DocMorris können Apotheken, die einen sogenannten Partnervertrag mit der Plattform abgeschlossen haben, rezeptfreie Produkte verkaufen. Außerdem sollen Kunden künftig auch E-Rezepte einlösen und Apotheken somit rezeptpflichtige Medikamente über DocMorris verkaufen können. Die Apotheken zahlen dabei eine pauschale Nutzungsgebühr für die Plattform und darüber hinaus 10% des Verkaufspreises für rezeptfreie Arzneimittel an DocMorris – als Transaktionsgebühr. Dass dieses Modell grundsätzlich mit dem Apothekenrecht vereinbar ist, hat nun der BGH bestätigt (Urteil vom 20.02.2025 - I ZR 46/24).
Das Geschäftsmodell hatte die Apothekerkammer Nordrhein auf den Plan gerufen, die DocMorris abgemahnt und dabei zwei Vorwürfe vorgebracht hatte: Zum einen verstoße es gegen das in § 8 Satz 2 ApoG festgeschriebene Fremdbesitzverbot an Apotheken, wenn DocMorris an den Umsätzen für rezeptfreie Medikamente beteiligt werde. Zum anderen verstoße die pauschale Nutzungsgebühr für die Plattform gegen das in § 11 Abs. 1a ApoG verbriefte Verbot des Rezeptmakelns. Danach dürfen Dritte wie DocMorris kein Geld oder einen anderen Vorteil dafür fordern, dass sie Rezepte sammeln, vermitteln oder weiterleiten.
Schon OLG verneinte Rezeptmakeln
Beide Seiten klagten daraufhin. DocMorris wollte festgestellt wissen, dass die Kammer ihr die Partnerverträge mit Apotheken nicht verbieten dürfe, die Kammer wiederum wollte genau das tun. Doch schon beim OLG drang die Kammer größtenteils nicht durch.
Insbesondere sahen die Berufungsrichterinnen und -richter keinen Verstoß gegen das Verbot des Rezeptmakelns. Denn § 11 Abs. 1a ApoG verlange – ausdrücklich durch das Wort "dafür" – einen Zusammenhang zwischen dem Sammeln und Weiterleiten von Rezepten und der dafür verlangten Vergütung. Es bedürfe gerade eines "steuernden Einflusses" des Dritten auf den Weg, den das Rezept nehme. Das sei bei Doc Morris gerade nicht der Fall, da die Nutzungsgebühr unabhängig vom einzelnen Rezept anfalle.
Dem konnte der BGH nur zustimmen. Die monatliche Grundgebühr sei gerade nicht als Vorteil für das "Makeln" von Rezepten versprochen oder gewährt worden. Es bestehe nicht der erforderliche schutzzweckrelevante Zusammenhang zwischen den in § 11 Abs. 1a ApoG genannten Tathandlungen und dem versprochenen oder gewährten Vorteil.
Die Norm solle ihrem Zweck nach verhindern, dass niedergelassene Apotheken unter wirtschaftlichen Druck geraten, sich der Plattform anzuschließen, um dem Verlust von Verschreibungen vorzubeugen, so der BGH. Das sei durch die Pauschalgebühr bei DocMorris nicht erfüllt, weshalb es hier am schutzzweckrelevanten Zusammenhang fehle.
BGH korrigiert OLG bei Transaktionsgebühr
In einer Sache hat der BGH das Instanzgericht aber dennoch korrigiert. Zwar hatten die Berufungsrichterinnen und -richter einen Verstoß gegen das Rezeptmakelverbot zu Recht abgelehnt. Was jedoch die sogenannte Transaktionsgebühr von 10% auf alle nicht rezeptpflichtigen Arzneien anging, so waren sie auf Seiten der Apothekerkammer gewesen: Sie hatten einen Verstoß gegen § 3a UWG in Verbindung mit § 8 Satz 2 Fall 2 ApoG bejaht, weil die Transaktionsgebühr am Umsatz ausgerichtet sei.
Die Digitale Infrastruktur, die DocMorris den Apotheken zur Verfügung stelle, sei ein Vermögenswert im Sinne des § 8 Satz 2 Fall 2 ApoG, so das OLG. Diesen Vermögenswert überlasse DocMorris den Apotheken entgegen der Vorschrift gegen eine prozentuale Umsatzbeteiligung. Auf die genaue Höhe – oder wirtschaftliche Abhängigkeitsverhältnisse – käme es dabei nicht an.
Mit dieser Argumentation war der BGH jedoch nicht einverstanden. Zwar handele es sich bei der von DocMorris zur Verfügung gestellten Infrastruktur tatsächlich um einen Vermögenswert im Sinne des § 8 Satz 2 Fall 2 ApoG. Jedoch gelte dieser nur dann als "am Umsatz ausgerichtet", wenn der gesamte Umsatz der Apotheke wesentlich über DocMorris generiert werde. Mit anderen Worten: Die Apotheke müsse von DocMorris wirtschaftlich abhängig sein, und das habe das Berufungsgericht nicht ausreichend geprüft. Insoweit ist das OLG nun noch einmal gefragt.