Ein führender Hörakustiker mit Hunderten Filialen in Deutschland hatte damit geworben, dass Kundinnen und Kunden bei ihm Payback-Punkte sammeln könnten. Pro Euro Einkaufswert sollte ein Payback-Punkt im Wert von einem Cent gutgeschrieben werden. Payback-Guthaben kann man sich bargeldlos auszahlen oder in Sachprämien oder Gutscheine umwandeln lassen.
Die Wettbewerbszentrale sah in dieser Werbung einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz. Denn danach sind Werbegeschenke und Zuwendungen beim Verkauf medizinischer Produkte grundsätzlich verboten. Ausnahmen gibt es aber zum Beispiel für "geringwertige Kleinigkeiten".
Das LG Hamburg wies die Klage der Wettbewerbszentrale zunächst ab. Das OLG Hamburg hat das Urteil des LG im Berufungsverfahren teilweise abgeändert. Es setzte das Limit für den ausschlaggebenden "geringen Wert" bei fünf Euro pro Hörgerät an. Erst ab diesem Wert sei zu befürchten, dass sich Verbraucher bei ihrer Kaufentscheidung von dem Anreiz leiten ließen. Bei einer Werbung für preisgebundene Arzneimittel hatte der BGH die Schwelle einst bei einem Euro gesetzt. Hörgeräte gelten allerdings als Medizinprodukte. Da bei diesen Preiswettbewerb möglich sei sowie mit Blick auf die allgemeine Preissteigerung entschied sich das OLG für eine höhere Grenze.
Barrabatte wären in größerem Umfang möglich
Beide Parteien haben gegen dieses Urteil Revision eingelegt. Der BGH hat das Urteil des OLG aufgehoben, soweit es zum Nachteil der Wettbewerbszentrale ausgefallen war (Urteil vom 17.07.2025 - I ZR 43/24) Das Berufungsgericht habe mit Recht erkannt, dass die Werbung mit der Gutschrift von Payback-Punkten für jeden Einkauf bei dem Hörakustiker vom Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes erfasst sei. Bei der Werbung für Heilmittel ist das Anbieten, Ankündigen und Gewähren von Werbegaben nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG verboten.
Es greife auch kein Ausnahmetatbestand von diesem Verbot. Bei der Gutschrift von Payback-Punkten handele es sich nicht um eine erlaubte Werbegabe im Sinn des § 7 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 2 Teilsatz 1 Buchst. a HWG. Diese Vorschrift differenziere bei Werbegaben nach dem Zeitpunkt, zu dem sie ihre Wirkung entfalten. Möglich seien unmittelbar wirkende Preisnachlässe und Zahlungen, nicht aber Werbegaben, die erst im Rahmen von Folgetransaktionen realisiert werden können. Letzteres aber sei bei Payback-Punkten der Fall, die erst nach dem Kauf gutgeschrieben würden und dann erst eingesetzt werden könnten.
Derlei Werbegaben begründen nach Auffassung der Richterinnen und Richter im Gegensatz zu zulässigen Barrabatten die Gefahr einer unsachlichen Motivation, weil nicht mit einer Preisreduktion für das gewünschte Heilmittel, sondern mit einem Vorteil beim Erwerb anderer Waren geworben werde, der in keinerlei Zusammenhang mit dem Erwerb des Heilmittels stehe.
Payback-Punkte nach Regeln für "geringwertige Kleinigkeiten" zu bewerten
Solche Werbegaben seien daher nur als geringwertige Kleinigkeiten im Rahmen einer weiteren Ausnahmeregelung in § 7 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 1 Halbsatz 1 Fall 2 HWG zulässig, deren Voraussetzungen hier laut BGH jedoch nicht vorliegen. Unter den Begriff der geringwertigen Kleinigkeit fielen allein Gegenstände von so geringem Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten ausgeschlossen erscheine.
Für Payback-Punkte gelte, dass bei der Beurteilung nicht auf den einzelnen Payback-Punkt abzustellen sei, sondern auf die Summe der für den Kauf gewährten Punkte. Die insoweit maßgebliche Wertgrenze sei entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht erst bei 5 Euro, sondern bereits bei 1 Euro zu ziehen. Die Werbung für Hörgeräte mit einer Gutschrift von Payback-Punkten im Gesamtwert von mehr als 1 Euro je Einkauf sei deshalb unzulässig.