Kunst oder einfach nur Sandalen? BGH prüft Urheberrechtsschutz für Birkenstock
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Die Birkenstock-Sandale fristete lange Zeit ein eher trübes Dasein als Hausschuh, bevor sie jüngst zum Hipster-Statusobjekt wurde. Nun könnte Karlsruhe sie sogar in den Stand der Kunst erheben. Ob das gelingt, scheint nach der mündlichen Verhandlung aber fraglich.

Der BGH hat am Donnerstag zu der Frage verhandelt, ob die klassische Birkenstock-Sandale als Werk angewandter Kunst einzustufen und damit schützenswert ist. Konkret ging es in der Verhandlung um drei Klagen des Schuhherstellers gegen Konkurrenten, die ähnliche Sandalenmodelle verkauft hatten. Birkenstock sieht dadurch sein Urheberrecht an der Konzeption des Schuhs verletzt. Wann der Senat sein Urteil fällt, blieb zunächst offen (Az. I ZR 16/24, I ZR 17/24, I ZR 18/24).

Das Modeunternehmen mit Hauptsitz in Linz am Rhein in Rheinland-Pfalz hält seine Sandalen für geschützte Werke der angewandten Kunst, konnte damit in der Vorinstanz jedoch noch nicht überzeugen. Die Schuhe erfüllten nicht die Anforderungen an ein künstlerisches Werk, so das OLG Köln .

BGH tendiert zur Auffassung der Vorinstanz

Der I. Zivilsenat in Karlsruhe ließ am Donnerstag erkennen, dass er dem OLG bei seiner Bewertung folgen könnte. Der Vorsitzende Richter Thomas Koch erklärte in der mündlichen Verhandlung, die Vorinstanz habe für die Definition eines Werkes der angewandten Kunst zutreffend eine bestimmte Gestaltungshöhe gefordert. Die Darlegungslast für einen Urheberrechtsschutz liege zudem beim klagenden Hersteller.

Der Anwalt aufseiten Birkenstocks widersprach. Das OLG habe einen Kunstbegriff zugrunde gelegt, der deutlich über die Definition in der bisherigen Rechtsprechung von BGH und EuGH hinausgehe. Es habe darauf abgestellt, dass Kunst zweckfrei sein müsse und keine ökonomischen Ziele verfolgen dürfe. Es könne aber nicht sein, dass ein Gegenstand
nur deswegen keine Kunst sei, weil er sich gut verkaufen soll.

Wann wird die Sandale zur Kunst?

Das Urheberrecht gibt dem Schöpfer die exklusiven Nutzungsrechte an seinem Werk. Der Schutz bleibt bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers bestehen. Anders als beim Designrecht braucht es keinen formalen Eintrag in ein Register. "Der Schutz von Fußbekleidung bzw. Mode insgesamt als künstlerische Leistung ist nicht völlig neu", erklärt Florian Reiling, Rechtsanwalt und Partner bei Osborne Clarke, der schwerpunktmäßig im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes berät, gegenüber beck-aktuell. "Allerdings hat in den letzten Jahren das Interesse der Industrie stark zugenommen, modische 'Schöpfungen' über das Urheberrecht abzusichern."

Traditionell seien Designs primär durch Geschmacksmuster oder Markenrechte geschützt worden, was auch weiterhin üblich und unverändert ratsam sei, so Reiling. "In jüngerer Zeit gibt es jedoch vermehrt Bestrebungen, modische Kreationen auch einer urheberrechtlichen Schutzfähigkeit zuzuführen. Die Erfolgschancen insoweit hängen u. a. davon ab, inwieweit z. B. ein in funktionaler Hinsicht bestehender Gestaltungsspielraum gerade künstlerisch ausgenutzt worden ist; naheliegenderweise ist dies bei innovativen und einzigartigen Kreationen mit entsprechender Gestaltungshöhe eher gegeben als bei alltäglichen Entwürfen."

Redaktion beck-aktuell, mam/zav, 9. Januar 2025 (ergänzt durch Material der dpa).