"Nur theoretischer Natur": Darlehensvermittler darf Risiken nicht verharmlosen

Der Traum vom Eigenheim platzte für ein Ehepaar kurz vor dem Notartermin. Was blieb, waren Kosten für ein nun nicht mehr benötigtes Darlehen. Hat dessen Vermittler die Käufer vor Abschluss unangemessen in Sicherheit gewogen, kann das laut BGH Grundlage für einen Schadensersatzanspruch sein.

Ein Ehepaar wollte ein Grundstück mit Einfamilienhaus kaufen. Da eine Bank die Finanzierung von 450.000 Euro abgelehnt hatte, beauftragten beide eine Vermittlung mit der Suche eines Kreditinstituts für ein Darlehen in Höhe von nunmehr 350.000 Euro. Das gelang ihr und ein Darlehensvertrag kam zustande. Im Beratungsprotokoll waren sie über mögliche Kosten bei Nichtannahme des Darlehens informiert worden. Zu ihrem Entsetzen platzte der Notartermin, da der Verkäufer sich zwei Wochen zuvor aus persönlichen Gründen gegen den Verkauf entschieden hatte. Weil sie das Darlehen nicht annahmen, verlangte die Bank eine Entschädigung von 35.862,29 Euro, die sie komplett zahlten.

Diesen Betrag wollten sich das Paar gerichtlich von der Vermittlung zurückholen. Nach ihrer Darstellung hatte deren  Filialleiter auf Nachfrage das Risiko bagatellisiert, dass sie bei Abschluss des Darlehensvertrags vor Beurkundung des Kaufvertrags auf dem dann nutzlosen Darlehen sitzen bleiben könnten – ein Scheitern der Verhandlungen in einem derart fortgeschrittenen Stadium habe er noch nie erlebt. Das LG Leipzig* verurteilte die Firma lediglich zur Zahlung der Hälfte der Hauptforderung, da es von einem Mitverschulden des Paars ausging. Das OLG Dresden wies die Klage dann insgesamt ab: Die mit dem Darlehensvertrag verbundenen Risiken seien bekannt gewesen. Die Revision war erfolgreich.

Der I. Zivilsenat des BGH hielt einen Schadensersatzanspruch der Eheleute nach §§ 655a, 280 Abs. 1 BGB für möglich – falls sich ihre Darstellung bestätige – und verwies die Sache zur weiteren Klärung ans OLG zurück (Urteil vom 20.2.2025 – I ZR 122/23). Falls der Vermittler im Beratungsgespräch auf Nachfrage der Kunden das Risiko des Nichtzustandekommens des Grundstückskaufvertrags verharmlost haben sollte, hafte das Unternehmen.

Zwar sei dem Ehemann eigenen Angaben zufolge das grundsätzlich bestehende Risiko bekannt gewesen, dass das Geschäft platzen könne. Er habe sich aber nach seinem Vortrag dennoch darauf eingelassen, da der Filialleiter ihm versichert habe, für diesen Fall gemeinsam eine Lösung zu finden. Im Rahmen der geschuldeten umfassenden Aufklärung dürfe jedoch ein reales Risiko nicht so verharmlost werden, dass der Eindruck entstehe, es sei "nur theoretischer Natur", monierten die Richterinnen und Richter.

(* Erste Instanz war das LG Leipzig, nicht, wie im Text ursprünglich stand, das LG Jena. 28.2.2025, 11:34h, jvh)

BGH, Urteil vom 20.02.2025 - I ZR 122/23

Redaktion beck-aktuell, ns, 27. Februar 2025.

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