Ein Ehepaar hatte Ärger mit ihrem Neubau eines Einfamilienhauses: Der Architekt kam seiner Aufsichtspflicht nicht ordentlich nach, ein Handwerker lieferte ein mangelhaftes Werk ab und vieles mehr. Mit all diesen Streitigkeiten beauftragten sie einen auf Baurecht spezialisierten Rechtsanwalt.
Sie schlossen mit ihm eine Vergütungsvereinbarung über ein Zeithonorar für 250 Euro/Stunde zuzüglich Mehrwertsteuer. Zwischendurch rechnete der Anwalt immer mal ab – und zwar immer getrennt je nach Mandat. Am Ende blieb er auf rund 66.000 Euro (davon waren rund 24.000 Euro auf seinem Fremdgeldkonto) von insgesamt 131.000 Euro sitzen und klagte die Summe ein.
Vor dem LG war er noch erfolgreich, das OLG aber deckelte seinen Gesamtanspruch auf 100.000 Euro. Hiergegen wehrten sich beide Seiten erfolgreich vor dem BGH (Urteil vom 08.05.2025 – IX ZR 90/23).
Keine Pauschalbetrachtung aller Mandate zusammen
Der BGH stellte klar: Jedes Mandat ist einzeln zu betrachten, um zu bewerten, ob das Honorar unangemessen hoch ist oder nicht. Die widerlegbare Vermutung, wonach das Übersteigen der fünffachen Summe der gesetzlichen Gebühren unangemessen hoch ist und nach § 3 a Abs. 3 Satz 1 RVG auf den Gebührensatz herabgesetzt werden kann, ist auf jedes Mandat separat anzuwenden, wenn nicht erkennbar ein Pauschalhonorar vereinbart worden ist.
Nach Auslegung des BGH ist das hier nicht der Fall: Zwar wurde nur eine Vergütungsvereinbarung geschlossen, aber es handelte sich um unterschiedliche Angelegenheiten mit unterschiedlichen Gegnern. Die Parteien hätten diese Mandate dementsprechend verschieden bezeichnet. Nach Rechnung des BGH überschreiten die einzelnen Rechnungen die gesetzlichen Gebühren nur um maximal den Faktor 4,96 bzw. 4,97.
Das hat laut den Karlsruher Richterinnen und Richtern zur Folge, dass sich die Darlegungs- und Beweislast anders verteilt: "Überschreitet die vereinbarte Vergütung die entsprechenden fiktiven gesetzlichen Gebühren um nicht mehr als das Fünffache, muss der Mandant darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die vereinbarte Vergütung unter Berücksichtigung aller Umstände unangemessen hoch ist. Bei einem Überschreiten um mehr als das Fünffache muss hingegen der Rechtsanwalt die tatsächliche Vermutung für die Unangemessenheit des Honorars widerlegen."
Der IX. Zivilsenat hält den Stundensatz von 250 Euro für einen spezialisierten Anwalt grundsätzlich für angemessen. Das OLG müsse nun prüfen, ob die Anzahl der abgerechneten Stunden in der Sache adäquat gewesen sei.