Zweites VU: Keine Terminsverlegung bei Verhinderung der anwaltlich vertretenen Partei

Um eine Verhandlung in Anwesenheit seiner Partei zu erzwingen, beantragte ein Anwalt im Einspruchstermin nur die Verlegung. Das Risiko zahlte sich nicht aus: Das zweite VU war laut BGH richtig – eine zwingende Notwendigkeit für die Anwesenheit des Geschäftsführers sei nicht ersichtlich.

Das Landgericht München I hatte eine Schadensersatzklage im Zusammenhang mit der Gewährung eines Darlehens abgewiesen. Im Berufungstermin beim dortigen OLG kassierte das anwaltlich vertretene Unternehmen ein Versäumnisurteil, nachdem für es niemand erschienen war. Daraufhin legte es Einspruch ein. Nachdem das Gericht auf seinen Antrag hin zweimal die Stellungnahmefristen verlängert hatte, streikte es beim dritten Verlängerungswunsch. Im Termin erschien lediglich der Anwalt des Unternehmens, nicht aber der "seinerzeit ebenfalls" als Rechtsanwalt zugelassene Geschäftsführer der Komplementärin des Unternehmens. Dieser konnte, so der Vortrag, an der Verhandlung wegen einer Rippenfraktur infolge eines Unfalls nicht teilnehmen. Da der Prozessbevollmächtigte nur Terminsverlegung beantragte, darüber hinaus keine Anträge stellte, erging ein zweites Versäumnisurteil. Dieses hielt beim BGH (Urteil vom 14.09.2023 – IX ZR 219/22).

Der IX. Zivilsenat des BGH verwarf die Revision, da das Unternehmen nicht schlüssig nach §§ 330 ff. ZPO dargelegt habe, dass sie den Einspruchstermin unverschuldet versäumt habe. Erhebliche Gründe nach § 227 Abs. 1 S. 1 ZPO für die zunächst gewünschte Verlegung des Termins und später für die beantragte Vertagung der Verhandlung im Hinblick auf die Erkrankung des Geschäftsführers, bestanden den Karlsruher Richterinnen und Richtern zufolge nicht.

BGH: Anwesenheit der Partei muss erforderlich sein

In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass dann, wenn eine Partei anwaltlich vertreten ist, die Erkrankung der Partei selbst – bei einer juristischen Person die ihres Vertretungsorgans – nicht zu einer Terminsverlegung zwinge, wenn und weil ihr Bevollmächtigter zur Wahrnehmung des Termins zur Verfügung stehe. Das bloße Anwesenheitsinteresse der – wie hier – anwaltlich vertretenen Partei sei jedenfalls durch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht geschützt, gab der Senat zu Bedenken. Unklar sei auch, warum der Geschäftsführer nicht in der Lage gewesen sein sollte, den seit langem mit der Sache befassten Bevollmächtigten ausreichende Anweisungen zu geben.

Der BGH wies ferner darauf hin, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung allein nicht ausreicht, um eine Verhandlungsunfähigkeit zu belegen.

BGH, Urteil vom 14.09.2023 - IX ZR 219/22

Redaktion beck-aktuell, ns, 30. November 2023.