Wechselseitige Verfügung: Bindung beim Erbvertrag stärker
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Laut elterlichem Erbvertrag soll der Sohn Alleinerbe werden. Die Mutter setzt später aber die "Älste" Tochter als Erbin ein. Laut BGH sind die Kinder des inzwischen verstorbenen Sohns Ersatzerben geworden. Die für das wechselseitige Testament geltenden Regelungen seien nicht auf den Erbvertrag anwendbar.

Die Ehepartner hatten einen Erbvertrag geschlossen, wonach ihr Sohn Alleinerbe nach dem Tod beider Elternteile werden sollte. Die drei Schwestern sollten abgefunden werden und auf Pflichtteilsansprüche verzichten. Zugleich übernahm der Sohn die Abfindungsverpflichtung für den Fall, dass die Eltern sie nicht mehr erfüllen können. Doch es kam anders: Nach dem Tod des Vaters und des Sohnes vererbte die Mutter ihrer "Älsten" Tochter alles – handschriftlich per Notizzettel.

Die beiden Kinder des inzwischen verstorbenen Sohnes nahmen das nicht hin und beantragten beim Nachlassgericht einen Erbschein, wonach sie die Erblasserin zu je 1/2 beerbt haben. Antrag, Beschwerde und Rechtsbeschwerde der beiden Hinterbliebenen scheiterten zunächst.

OLG wendet § 2269 BGB auf Erbverträge an

Das OLG Oldenburg hielt die Erbeinsetzung der ältesten Tochter für wirksam nach § 2269 BGB (gegenseitige Einsetzung), § 2270 Abs. 2 BGB (wechselbezügliche Verfügungen). Die Mutter hätte neu testieren dürfen, da sich aus den Gesamtumständen kein anderer Testierwille entnehmen lasse. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Kinder des Sohns Ersatzerben geworden seien. Der Erbvertragstext zeige nicht, dass die Erblasser den "Stamm" des Sohns als Vertragsschlusserben begünstigen wollten.

BGH: Erbvertragliche Bindung ist stärker

Der BGH hielt dagegen: Er wies das AG an, den beiden Kindern des Sohns einen Erbschein zu erteilen, weil sie ihre verstorbene Großmutter im Wege der Ersatzerbfolge beerbt haben (Beschluss vom 26.03.2025 – IV ZB 15/24).

Der IV. Zivilsenat wandte die für das wechselseitige Testament geltenden Normen nicht auf den Erbvertrag an. Die Bindungen der vertragsschließenden Eheleute seien wesentlich stärker als die Bindungswirkung wechselbezüglicher Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament. Auch habe sich die Ehefrau nicht einseitig von den Regelungen im Erbvertrag lösen können – mangels vorbehaltenen Rücktrittes. Daher sei hier im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass die Enkel Ersatzerben geworden seien. Schon die allgemeine Lebenserfahrung spreche dafür, dass Eltern einen Stamm nicht leer ausgehen lassen wollen. Handele es sich dabei um den des Alleinerben, gelte das umso mehr, meint der BGH.

BGH, Beschluss vom 26.03.2025 - IV ZB 15/24

Redaktion beck-aktuell, ns, 7. Mai 2025.

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