beA: Wiedereinsetzung erfordert stringente Kanzleiorganisation
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Wer über das "be­son­de­re elek­tro­ni­sche An­walts­post­fach" (beA) Schrift­sät­ze ver­sen­det, muss sicherstellen, dass Fristen nicht versehentlich gestrichen werden. Der BGH hat in einer am Dienstag erschienen Entscheidung nochmals die Anforderungen an die Kanzleiorganisation dargestellt.

Nachdem das Landgericht Berlin die Klage einer Frau abgewiesen hatte, legte ihr Prozessbevollmächtigter fristgerecht Berufung über das beA ein. Er schickte die Berufungsbegründung über die Kanzleisoftware an das beA – der Schriftsatz kam aber nicht bei Gericht an. Nach einem gerichtlichen Hinweis – das Rechtsmittel sei nicht fristgerecht begründet worden – korrigierte er den Fehler und beantragte die Wiedereinsetzung.

Seine seit Jahren zuverlässige Angestellte habe an diesem Tag die Fehlermeldung ("das beA (konnte) den Empfänger (…) zu diesem Zeitpunkt nicht finden") nicht bemerkt, die Frist aber dennoch als erledigt eingetragen. Seine Anweisung an die Mitarbeiterin habe gelautet, zu kontrollieren, ob die Berufungsbegründung erfolgreich in das beA habe "geschoben" werden können. Auf Nachfrage des Gerichts ergänzte der Anwalt, es bestehe auch die Anweisung, am Ende eines jeden Arbeitstages die Fristenliste mit den erfolgreichen "beA-Versandprotokollen" abzugleichen und eine endgültige Erledigung nur zu notieren, wenn das "Versandprotokoll" auf Existenz und Inhalt geprüft worden sei.

Die Berufung wurde vom Kammergericht als unzulässig verworfen. Der IV. Zivilsenat bestätigte diese Entscheidung.

BGH: Anforderung an die Postausgangskontrolle

Dabei fasst das Gericht nochmals die Grundsätze für eine ausreichende Ausgangskontrolle zusammen:

  • Das Personal muss angewiesen werden, eine Frist erst nach Kontrolle von Erhalt und Inhalt der automatisierten Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO nach Abschluss des Übermittlungsvorgangs zu streichen.
  • Es muss klar auf den Unterschied zwischen Eingangsbestätigung und Übermittlungsprotokoll hingewiesen werden – eine Überprüfung des Protokolls genügt für eine Ausgangskontrolle nicht. Der verwendete Begriff "Versandprotokoll" ist nicht eindeutig.
  • Das Personal muss hinsichtlich der technischen Voraussetzungen (wie sieht die Eingangsbestätigung aus und wo ist zu finden) informiert und intensiv geschult werden. Dies gilt nicht nur bei Versand über die beA-Anwendung selbst, sondern auch für die Bedienung eines etwaig verwendeten Kanzleiprogramms.
  • Die Einhaltung der Anweisungen muss durch eigene, stichprobenartige Kontrollen des Anwalts sichergestellt werden.

Letzterer Punkt war nicht entscheidungserheblich, da, so der IV. Zivilsenat, schon die erteilten Anweisungen unzureichend waren. 

BGH, Beschluss vom 06.09.2023 - IV ZB 4/23

Redaktion beck-aktuell, ns, 26. September 2023.