Inverkehrbringen und Erschöpfung des Markenrechts – Hyundai-Grauimport
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Das Markenrecht erschöpft sich nicht, wenn ein Hersteller eine Ware zum Export an ein Transportunternehmen übergibt. Der Bundesgerichtshof betont, dass darin kein Inverkehrbringen liegt, da die Markeninhaberin bei dem Frachtgeschäft ihre Verfügungsgewalt über die Ware nicht verliert. Um den wirtschaftlichen Wert der Marke in der EU auch realisieren zu können, stehe allein dem Markeninhaber das Recht zu, die Ware in der EU in Verkehr zu bringen oder dieses Recht zu veräußern.

Zwei Hyundai werden in Deutschland verkauft

Die koreanische Fahrzeugherstellerin "Hyundai" ist Inhaberin der Markenrechte für ihre Fahrzeuge in der EU. Sie unterhielt eine Tochtergesellschaft (H. L.) in der Tschechischen Republik mit einer Lizenz für Serbien, die zwei dort produzierte Fahrzeuge an die in Zypern ansässige Firma A.M.L. verkaufte. Laut Kaufvertrag waren die Autos ausschließlich für den serbischen Markt bestimmt. Das tschechische Werk übergab die Fahrzeuge an einen Spediteur, der sie bestimmungsgemäß an einen Fahrzeughändler in Belgrad lieferte. Der Beklagte war ein gewerblicher Autohändler, der diese beiden Fahrzeuge erwarb und zwischen Dezember 2015 und September 2016 in Deutschland veräußerte. Hyundai verlangte von ihm Auskunft über seine Umsätze mit den Fahrzeugen, um ihre Schadenersatzansprüche aus der Markenverletzung geltend machen zu können. Landgericht und Oberlandesgericht Düsseldorf gaben der Klage statt. Der beklagte Fahrzeughändler wandte sich an den BGH – ohne Erfolg.

Keine Erschöpfung der Markenrechte

Hyundai habe einen Anspruch auf Auskunftserteilung nach § 19 Abs. 1 und 3 MarkenG in Verbindung mit §§ 107 Abs. 1, 125b Nr. 2 MarkenG. Soweit sich der Beklagte auf die Erschöpfung der Markenrechte berufen hatte, erteilte ihm der BGH eine Absage: Eine Erschöpfung trete nach § 24 Abs. 1 MarkenG bzw Art. 15 UMV nF nur dann ein, wenn die Ware vom Inhaber oder mit seiner Zustimmung im europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist. Das setzt dem I. Zivilsenat zufolge voraus, dass die Markeninhaberin ihre Verfügungsgewalt über die Ware innerhalb des europäischen Wirtschaftsraums abgibt, was Hyundai nicht getan habe. Sie habe ihrer Tochtergesellschaft eine Lizenz für den serbischen, aber nicht für den deutschen Markt erteilt. Die Lizenzregeln schlössen eine Zustimmung zum Verkauf in Deutschland eindeutig aus. Die Übergabe an einen Spediteur begründet laut den Karlsruher Richtern keine Aufgabe der Verfügungsgewalt, weil dieser an die Weisungen des Auftraggebers – der Tochtergesellschaft – gebunden sei. Durch den Transport sei deren Kontrolle über den Vertrieb der Ware nicht berührt worden. Inverkehrbringen setze mehr als nur die bloße Verbringung der Autos aus der betrieblichen Sphäre der Markeninhaberin voraus. Die Bundesrichter betonten, dass allein dem Markeninhaber das Recht zusteht, die Ware in der EU in Verkehr zu bringen oder dieses Recht zu veräußern.

BGH, Urteil vom 27.05.2021 - I ZR 55/20

Redaktion beck-aktuell, 2. August 2021.