Internethändler müssen nicht immer näher über Herstellergarantie informieren
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Internethändler müssen Verbraucher nicht näher über die Herstellergarantie für ein angebotenes Produkt informieren, wenn diese kein zentrales Merkmal ihres Angebots ist. Das hat der Bundesgerichtshof unter Berücksichtigung eines Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union entschieden und damit der Klage eines Verkäufers von Schweizer Offiziersmessern stattgegeben, der einen Konkurrenten verklagt hatte, weil er dessen Informationen zur Garantie für unzureichend hielt.

Streit um Informationen über Herstellergarantie in Amazon-Angebot

Der beklagte Internethändler bot ein Schweizer Offiziersmesser auf Amazon an. Die Angebotsseite enthielt unter der Zwischenüberschrift "Weitere technische Informationen" einen Link mit der Bezeichnung "Betriebsanleitung". Nach dem Anklicken dieses Links öffnete sich ein Produktinformationsblatt, das folgenden Hinweis auf eine Garantie des Herstellers enthielt: "Die Garantie erstreckt sich zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler. Schäden, die durch normalen Verschleiß oder durch unsachgemäßen Gebrauch entstehen, sind durch die Garantie nicht gedeckt." Weitere Informationen zu der Garantie enthielt das Produktinformationsblatt nicht.

EuGH präzisierte Informationspflicht in Vorabentscheidung

Der Kläger sah darin einen Verstoß gegen die gesetzlichen Garantie-Informationspflichten und beantragte, dem Beklagten zu verbieten, den Absatz von Taschenmessern an Verbraucherinnen und Verbraucher mit Hinweisen auf Garantien zu bewerben, ohne hierbei auf die gesetzlichen Verbraucherrechte hinzuweisen, sowie darauf, dass diese Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, und ohne den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes anzugeben. Nachdem das LG die Klage zunächst abwiesen hatte, verurteilte das OLG die Beklagte antragsgemäß. Der BGH setzte das Verfahren im Februar 2021 aus und legte dem EuGH Fragen zur Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Verbraucherrechte-Richtlinie vor. Der EuGH entschied daraufhin, dass ein Online-Händler nur über werbewirksame Herstellergarantien umfassend informieren müsse.

BGH: Vorliegend keine nähere Angaben zur Herstellergarantie erforderlich

Der BGH hat deshalb jetzt das Urteil des OLG aufgehoben und das die Klage abweisende Urteil des LG wiederhergestellt. Der EuGH habe entschieden, dass ein Unternehmer die Verbraucherinnen und Verbraucher vor Abschluss eines Kaufvertrags über die Bedingungen der Herstellergarantie nur dann informieren müsse, wenn er die Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots mache und so als Verkaufsargument einsetze. Erwähne er dagegen die Herstellergarantie nur beiläufig, sodass sie aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher kein Kaufargument darstelle, müsse er keine Informationen über die Garantie zur Verfügung stellen. Die Herstellergarantie werde auf der Angebotsseite des Beklagten nicht erwähnt, sondern finde sich nur an untergeordneter Stelle in einem Produktinformationsblatt. Auf dieses gelange man nur, wenn man einen Link anklicke, der unter der Zwischenüberschrift "Weitere technische Informationen" stehe und mit der Bezeichnung "Betriebsanleitung" versehen sei und daher eher auf eine technisch-funktionale Erläuterung hindeute.

Kein verbindliches Garantieversprechen

Der Beklagte habe mangels eines Verstoßes gegen die Marktverhaltensregelung des § 479 Abs. 1 BGB auch keine nach § 3a UWG unlautere Handlung begangen. Die in § 479 Abs. 1 BGB normierte Pflicht zur Information über den Gegenstand und den Inhalt einer Herstellergarantie greife erst ein, wenn der Unternehmer dem Verbraucher ein verbindliches Angebot auf Abschluss eines Garantievertrags unterbreite. Im Streitfall enthalte der auf der Angebotsseite befindliche Link auf das Produktinformationsblatt mit der Herstellergarantie noch kein verbindliches Garantieversprechen.

BGH, Urteil vom 10.11.2022 - I ZR 241/19

Redaktion beck-aktuell, 10. November 2022.