Italienischer Parfümhändler betreibt Webauftritt auch in deutscher Sprache
Die Klägerin ist Inhaberin oder exklusive Lizenznehmerin verschiedener Unionsmarken sowie internationaler Marken (IR-Marken) für Parfüms. Der Schutz der IR-Marken erstreckt sich im Fall der IR-Marke "Covet" auf Deutschland, im Übrigen (wie etwa die IR-Marke "Davidoff") auf die EU. Die Klägerin mahnte einen italienischen Parfum- und Kosmetikhändler (Beklagte) ab, dessen Internetauftritt auch in deutscher Sprache verfügbar ist. Dieser verpflichtete sich daraufhin, Parfüms verschiedener Marken - darunter "Davidoff" - nicht ohne Zustimmung der Klägerin nach Deutschland einzuführen, dort zum Kauf anzubieten, zu bewerben oder zu vertreiben.
Klägerin klagte in Deutschland wegen Verletzung ihrer EU- und IR-Marken für Parfüms
Wenig später orderte ein deutsches Unternehmen bei dem Beklagten elektronisch verschiedene Parfums, darunter der Marke "Davidoff". Der Beklagte übergab die Parfüms einer vom Käufer beauftragten Spedition, die die Waren dann in dessen Lager in Sachsen transportierte. Die Klägerin sah dadurch ihre Markenrechte verletzt, weil die Parfums nicht mit ihrer Zustimmung innerhalb der EU in Verkehr gebracht worden seien, und klagte in Deutschland auf Unterlassung.
Beklagter rügte Unzuständigkeit deutscher Gerichte
Der Beklagte monierte, die deutschen Gerichte seien international nicht zuständig. Er trug vor, das deutsche Unternehmen habe bei ihm per E-Mail wegen verschiedener Parfüms, unter anderem "Davidoff", angefragt. Er habe dem Unternehmen daraufhin per E-Mail eine Produkt- und Preisliste geschickt. Das Landgericht München I wies die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit als unzulässig ab. Das Oberlandesgericht München stellte auf Berufung der Klägerin hingegen die Zulässigkeit der Klage fest. Dagegen legte die Beklagte Revision ein.
BGH: Bei mehreren Verletzungshandlungen in verschiedenen EU-Staaten Gesamtwürdigung erforderlich
Die Revision hatte überwiegend Erfolg. Der BGH hat das OLG-Urteil weitgehend aufgehoben. Die deutschen Gerichte seien, abgesehen von der geltend gemachten Verletzung der IR-Marke "Covet", nicht nach Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 international zuständig. Maßgeblich für die Frage, wo eine Verletzungshandlung begangen worden sei oder drohe, sei der Handlungs- und nicht der Erfolgsort. Bei mehreren, in verschiedenen Mitgliedstaaten begangenen Verletzungshandlungen sei anhand einer Gesamtwürdigung des Verhaltens der Ort der (ursprünglichen) Verletzungshandlung zu bestimmen.
Keine Verletzungshandlung in Deutschland durch deutschsprachigen Webauftritt
Der BGH verneint im vorliegenden Fall eine (drohende) Verletzungshandlung in Deutschland. Eine solche folge nicht aus dem deutschsprachigen Webauftritt des Beklagten. Würden Waren auf einer im EU-Ausland betriebenen Website auch für Kunden anderer EU-Staaten angeboten, sei Ort der Verletzungshandlung nicht der Ort, an dem die Internetseite abgerufen werden könne, sondern der Ort, an dem der Prozess der Veröffentlichung des Angebots in Gang gesetzt worden sei (hier: Italien). Läge in dem Internetauftritt der Beklagten bereits ein Angebot, käme es aufgrund der vorzunehmenden Gesamtwürdigung nicht mehr auf die Versendung von Produkt- und Preislisten per E-Mail an.
Auch keine Verletzungshandlung in Deutschland durch Versenden der Produkt- und Preisliste
Enthielte der Webauftritt kein Angebot, stellte das Übersenden der Listen die Verletzungshandlung dar. Ihr Ort läge aber ebenfalls nicht in Deutschland, da es maßgeblich auf den Ort ankäme, an dem die Versendung der E-Mail veranlasst worden sei. Auch hinsichtlich des Anspruchs auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten seien die deutschen Gerichte nicht zuständig, da insoweit ebenfalls Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 maßgeblich sei.
Deutsche Gerichte aber für geltend gemachte Verletzung der IR-Marke "Covet" zuständig
Hinsichtlich der IR-Marke "Covet" bejaht der BGH hingegen die Zuständigkeit deutscher Gerichte. Denn für die Beurteilung komme es hier auf Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO an, der eine Zuständigkeit der Gerichte auch an dem Ort begründe, an dem sich der (deliktische) Schadenserfolg verwirkliche. Dies sei Deutschland, da die Marke dort geschützt sei.