Insolvenzverwalter empfiehlt Anwälte: Fehler begründet noch keine Abhängigkeit

Ein Insolvenzverwalter ist nicht schon zu entlassen, wenn er Gläubigern zwei Anwälte zur kostenlosen Vertretung empfiehlt. Das sei zwar ein Fehler, so der BGH in sechs gleichlautenden Entscheidungen, aber noch kein zwingender Anhaltspunkt für seine fehlende Unabhängigkeit.

Ein Finanzunternehmen, dass – wie mehrere Schwesterunternehmen auch – überwiegend Privatanlegern die Zeichnung von Nachrangdarlehen anbot, stellte den Eigenantrag auf Eröffnung der Insolvenz. Der vom AG eingesetzte Insolvenzverwalter schrieb alle Gläubiger an und teilte ihnen mit, dass sie sich in der Gläubigerversammlung von zwei bereits im (vorläufigen) Gläubigerausschuss vertretenen Rechtsanwälten kostenlos vertreten lassen könnten. Die entsprechend vorbereiteten Stimmrechtsvollmachten fügte er gleich bei. Dagegen wandte sich einer der Gläubiger: Er beantragte die Entlassung des Insolvenzverwalters, weil dieser sich mit der Empfehlung der Anwälte parteiisch verhalten habe. Seinem Antrag wurde vor dem Landgericht stattgegeben. Die Rechtsbeschwerde des Insolvenzverwalters zum BGH war erfolgreich.

Nach § 59 Abs. 1 S. 3 InsO kann der Insolvenzverwalter auf Antrag eines Insolvenzgläubigers nur dann entlassen werden, wenn der Verwalter nicht unabhängig ist. Er darf nach Ansicht des BGH (Beschluss vom 11.01.2024 – IX ZB 36/22) weder Interessenvertreter des Schuldners noch einzelner Gläubiger sein.

Entgegen der Ansicht des LG ist dem IX. Zivilsenat zufolge aber nicht die Befangenheit des Verwalters nach § 42 ZPO analog zu prüfen, weil der Insolvenzverwalter eine ganz andere Aufgabe und Stellung im Verfahren als ein Richter habe. Die Empfehlung der beiden Rechtsanwälte berechtige die Gläubiger und die Schuldnerin auch nicht unbedingt zu Zweifeln an der Unparteilichkeit des Verwalters. Maßgeblich sei, ob ein Sachverhalt vorliegt, der bei unvoreingenommener, lebensnaher Betrachtungsweise die ernstliche Besorgnis rechtfertigen kann, dass der Verwalter sein Amt nicht unabhängig ausüben wird.

Allerdings gestand der BGH den Gläubigern zu, dass die Empfehlung durchaus geeignet war, Einfluss auf die Zusammensetzung des endgültigen Gläubigerausschusses zu nehmen. Insoweit widerspreche das Schreiben geltendem Recht. Die Bundesrichterinnen und Richter lehnten es ab, allein aufgrund des Fehlers des Insolvenzverwalters auf seine fehlende Unabhängigkeit zu schließen. Da die Gläubiger aber weitere Bedenken angebracht hatten, muss das LG die Fälle nochmals prüfen.

BGH, Beschluss vom 11.01.2024 - IX ZB 36/22

Redaktion beck-aktuell, rw, 22. Februar 2024.