Insolvenzeröffnung trotz Suizidgefahr rechtens
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Für den Insolvenzantrag eines Gläubigers besteht auch dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Zwangsversteigerung eines Mehrfamilienhauses an der Gefahr eines Suizids der Schuldnerin gescheitert ist. Der Insolvenzverwalter kann laut Bundesgerichtshof die Aufteilung des Hauses in Eigentumswohnungen betreiben und einzelne Wohnungen veräußern, ohne die Frau aus ihrer Wohnung zu verdrängen.

Schuldnerin ist selbstmordgefährdet

Die Eigentümerin und Bewohnerin eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks wehrte sich gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Ihr Gläubiger versuchte seit Jahren vergeblich, seine Forderung (31.500 Euro) durch eine Zwangsvollstreckung beizutreiben. Das Grundstück war mit Grundpfandrechten in Höhe von insgesamt 426.000 Euro belastet, die aber nicht dessen Verkehrswert (810.000 Euro) erreichten. Anfang 2010 wurde auf seinen Antrag die Zwangsversteigerung angeordnet - 2015 aber wegen fachärztlich bestätigter Selbstmordgefahr der Frau wieder eingestellt. 2018 beantragte er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Schuldnerin  berief sich auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis: Alle gegen sie gerichteten Forderungen seien vollständig dinglich gesichert. Sie wolle ihre Verbindlichkeiten durch die Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseigentum und den Verkauf von Wohnungen begleichen. 2019 wurde auf Antrag einer anderen Gläubigerin die Zwangsverwaltung ihres Grundstücks angeordnet. Der Zwangsverwalter vermietete zwei leerstehende Wohnungen.

LG schließt erneute Aussetzung des Verfahrens nicht aus

Das AG Köln eröffnete das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte einen Insolvenzverwalter. Die sofortige Beschwerde blieb vor dem LG Köln erfolglos: Der Gläubiger habe ein rechtlich geschütztes Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Eine Befriedigung seiner Forderungen durch eine Zwangsversteigerung des Grundstücks sei nicht hinreichend sicher zu erwarten, § 14 Abs. 1 InsO. Wegen der Erkrankung der Schuldnerin könne eine erneute Aussetzung des Verfahrens nach § 765a ZPO nicht ausgeschlossen werden.

BGH: Weitere Schutzanträge zu erwarten

Das sah der BGH genauso und wies die Rechtsbeschwerde zurück. Aus seiner Sicht hat die Zwangsversteigerung des Grundstücks hier nicht das Potenzial, einfacher, schneller und günstiger zu einer vollständigen Befriedigung zu führen. Der Gläubiger betreibe vielmehr seit vielen Jahren vergeblich die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Schuldnerin. Die Zwangsvollstreckung in deren einzigen bekannten Vermögensgegenstand, das Grundstück, habe bisher wegen ihrer psychischen Erkrankung nicht zum Erfolg geführt. Daran werde sich in absehbarer Zeit – auch wegen einer Krebserkrankung – nichts ändern.

BGH, Beschluss vom 10.12.2020 - IX ZB 24/20

Redaktion beck-aktuell, 13. Januar 2021.