Versteckte Gesellschafter: Treuhand macht nicht anonym

Treuhänder sind ein beliebtes Mittel für Anleger, trotz Investment anonym zu bleiben. Ein Beschluss des BGH macht aber nochmals die Grenzen klar: Unter Umständen sollen Mitgesellschafter Auskunft über persönliche Daten der Mitanleger verlangen können, und zwar DS-GVO-konform.

Anleger haben einen grundlegenden Anspruch, ihre Mitgesellschafter zu kennen. Da in Personengesellschaften die Stimmkraft unmittelbar mit der Kapitalanlage zusammenhängt, besteht kein Recht auf Anonymität. Gesellschafterinnen und Gesellschafter müssen sich für Absprachen nicht grundsätzlich an Treuhänderinnen und Treuhänder verweisen lassen, sondern dürfen direkt mit anderen Mitanlegerinnen und -anlegern in Kontakt treten, so der BGH (Beschluss vom 22.01.2025II ZB 18/23).

Dem Beschluss lag die Klage eines Anlegers zugrunde, der über eine Treuhandkommanditistin an zwei Investmentgesellschaften beteiligt war. Um eine mögliche Anteilsübertragung vorzubereiten, hatte er die Treuhänderin dazu aufgefordert, ihm die persönlichen Daten und Beteiligungshöhen der anderen Gesellschafter mitzuteilen – ohne Erfolg. Das LG Hamburg verurteilte die Treuhänderin zur Auskunft, das OLG Hamburg ging davon aus, dass die Wertgrenze für die Berufung nicht erreicht war. Nach einer Beschwerde der Treuhänderin bestätigte auch der BGH die Unzulässigkeit der Berufung, erläuterte die Rechtslage aber in seiner Leitsatzentscheidung.

Starkes Auskunftsrecht

Es sei selbstverständlich, so der II. Zivilsenat, dass ein Gesellschafter das Recht habe, seine Mitgesellschafter zu kennen. Ihm stehe deshalb ein unentziehbares mitgliedschaftliches Auskunftsrecht aus dem Gesellschaftsvertrag zu, das auch nur in zwei besonderen Ausnahmefällen eingeschränkt sei: bei unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) und bei Verstößen gegen das Schikaneverbot (§ 226 BGB).

Nicht nur unmittelbar beteiligte Gesellschafter, sondern auch Treugeber könnten von diesem Recht Gebrauch machen, wenn sie per Gesellschaftsvertrag den Mitgesellschaftern gleichgestellt sind. Das Recht könne außerdem weder durch Regelung im Gesellschaftsvertrag noch im Treuhandvertrag ausgeschlossen werden. Soweit sachliche Gründe vorlägen, bestehe das Recht gegenüber jedem Mitgesellschafter.

Zur Begründung zog der Senat die Machtverhältnisse innerhalb von Personengesellschaften heran. Da die Stimmkraft unmittelbar von der Kapitalanlage abhängig sei, müsse ein Anleger erfahren können, wie die Stimmen in der Gesellschaft verteilt sind. Für ihn mache es gerade einen Unterschied, ob neben ihm nur Kleinanleger oder auch mehrere Großanleger beteiligt seien. Wer sich an einer Gesellschaft beteilige, müsse damit rechnen, dass seine persönlichen Daten anderen Gesellschaftern bzw. gleichgestellten Treugebern mitgeteilt werden; ein Recht auf Anonymität gebe es nicht.

Dass der Anleger die Auskunft in diesem Fall für persönliche Anteilskaufangebote genutzt hätte, sei auch nicht als Schikane oder Rechtsmissbrauch zu sehen. Auch die – so wortwörtlich – "Belästigung der anderen Gesellschafter" durch unerwünschte Kaufangebote sei nur von geringfügiger Art. Schließlich stehe ihnen frei, die Angebote abzulehnen.

In der Regel DS-GVO-konform

Art. 6 DS-GVO, der eine solche Verarbeitung nur dann erlaubt, wenn sie "erforderlich" ist, stehe dem Auskunftsanspruch nicht entgegen. Für eine informierte Ausübung der Mitgliedschaftsrechte sei die Auskunft gerade in diesem Sinne erforderlich. Das habe der Gesetzgeber mit der Gesellschaftsrechtsreform 2024 auch ausdrücklich ins HGB aufgenommen: § 166 Abs. 1 S. 2 HGB erlaube Gesellschaftern deshalb "Auskunft über die Gesellschaftsangelegenheiten zu verlangen, soweit dies zur Wahrnehmung (ihrer) Mitgliedschaftsrechte erforderlich ist." Abs. 2 der Vorschrift bestätige die Rechtsprechung insoweit, als eine Einschränkung des Rechts im Gesellschaftsvertrag verboten sei.

Ein EuGH-Urteil (Urteil vom 12.09.2024C-17/22, C-18/22), das eine direkte Personenauskunft als nicht erforderlich angesehen hatte, sei mit dieser Auffassung vereinbar. In dem Fall hätten die Treuhandverträge zwar einen Ausschluss der Auskunft vorgesehen. Unklar sei aber gewesen, wie genau die Beteiligungen ausgestaltet waren. Insbesondere seien die Treugeber nicht – wie hier – Gesellschaftern gleichgestellt gewesen. Der BGH hielt die Konstellationen daher für nicht vergleichbar.

Ohnehin läge es bei den nationalen Gerichten, die "Erforderlichkeit" der Auskunft im Sinne des Art. 6 DS-GVO näher auszulegen. Anstatt das Auskunftsrecht von vornherein zu begrenzen, solle vielmehr nach den Gründen der Auskunft unterschieden werden. Immer dann, wenn eine direkte Kommunikation mit den anderen Gesellschaftern nötig sei, sei die Auskunft auch in diesem Sinne erforderlich. Zum Beispiel, wenn – neben dem Ankauf weiterer Anteile als zusätzlichem Aspekt – etwa die Stimmrechtsausübung selbst besprochen werden solle. Nicht erforderlich sei die Auskunft etwa, wenn sie nur den einen Zweck habe, den Mitgesellschaftern Anteile abzukaufen.

Hier hatte der Anleger Auskunft aus mehreren Gründen verlangt: Um mit den Mitgesellschaftern in Kontakt zu treten, über Anteilsübertragungen zu sprechen, Gesellschafterentscheidungen herbeizuführen und sich generell darüber zu informieren, mit welchen Gesellschaftern er "in einem Boot" säße, für die er notfalls mithafte. Diese Gründe seien vor dem Hintergrund der DS-GVO jedenfalls ausreichend.

BGH, Beschluss vom 22.01.2025 - II ZB 18/23

Redaktion beck-aktuell, tbh, 16. April 2025.

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