Wenn ein Insolvenzverwalter Rückzahlungen eines Unternehmens an einen Dritten anfechten will, muss er beweisen können, dass jener kein Gesellschafter des Schuldners ist. Die Beweislast dafür, dass der Dritte einem solchen aber wenigstens gleichzustellen ist, trifft hingegen den Anfechtungsgegner. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 25.05.2020 entschieden, das er auch in seine amtliche Sammlung aufnehmen will.
Gesamtbetrachtung zählt
Die 27-seitige Entscheidung enthält auch sonst vielerlei Erwägungen - etwa dazu, ob "sich die Tätigkeit der Gesellschaft für den Darlehensgeber in einer Gesamtbetrachtung aufgrund seiner einem Gesellschafter vergleichbaren Rechtsstellung als eine eigene unternehmerische Betätigung darstellt". Dazu seien bei der jeweiligen Gesellschaftsform die bestehende Gewinnbeteiligung des Darlehensgebers, seine gesellschaftergleichen Rechte und seine Teilhabe an der Geschäftsführung "in einem Gesamtvergleich mit der Rechtsposition eines Gesellschafters" zu betrachten, erläutert der IX. Zivilsenat mit Blick auf
§ 135 InsO.
Doppelte Treuhand
Zwei weitere Kernaussagen: Ein doppelseitiges Treuhandverhältnis, bei dem der Gesellschafter als Treugeber seinen Gesellschaftsanteil auf einen Treuhänder überträgt, führt - wenn Letzterer ihn zugleich treuhänderisch zugunsten des Kreditgebers hält - nicht automatisch dazu, dass der Geldgeber einem Gesellschafter gleichzustellen ist. Und auch eine bloß faktische Möglichkeit des Darlehensgebers, Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft zu nehmen, genügt nicht für eine solche Gleichsetzung.
Pleite in der Baubranche
Der Fall betrifft ein Unternehmen (die einzige Gesellschafterin einer pleite gegangenen anderen GmBH, der Schuldnerin), gegen das sich die Forderungen des Insolvenzverwalters richten. Beteiligt an der Beklagten war eine weitere GmbH aus der Baubranche. Deren alleinige Inhaber waren zugleich Geschäftsführer dort wie auch bei der Insolvenzfirma. Als diese finanziell in die Klemme geriet, verabreichte ihr ein Konsortium aus fünf Banken eine Millionenspritze und ließ sich zur Sicherheit eine Gesamtgrundschuld an diversen Immobilien bestellen. Nach jahrelangem Hin und Her führte dann jedoch kein Weg mehr an einem Insolvenzantrag vorbei. Der Insolvenzverwalter verlangt nun einen Teil des Geldes heraus, das die Kreditgeber zurückerhalten haben.
Ein Abschiedsurteil des Senatsvorsitzenden
Während das
LG Frankfurt am Main die Anfechtungsklage abwies, hielt das dortige OLG sie im Kern für berechtigt. Die
BGH-Entscheidung ist eine der letzten unter Vorsitz von Godehard Kayser, der zum 1. Juli in Ruhestand getreten ist. Sein Nachfolger wurde Dietmar Grupp.
BGH, Urteil vom 25.06.2020 - IX ZR 243/18
Redaktion beck-aktuell, 13. Juli 2020.