Sieben Jahre lang untergebracht
Eine Betreute war bereits seit sieben Jahren in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht. Einer erneuten Verlängerung widersetzte sie sich. Ein Sachverständigengutachten kam zu dem Ergebnis, dass aufgrund einer psychischen Erkrankung die Gefahr der Selbstgefährdung bestand. Die Untergebrachte kannte die Gutachterin bereits, weil sie sie schon Jahre zuvor untersucht hatte. Das Amtsgericht Celle verlängerte die Unterbringung. Die hiergegen eingelegte Beschwerde vor dem Landgericht Lüneburg war erfolglos.
Streit um Zugang der Beschwerdeentscheidung
Die Beschwerdeentscheidung wurde zweimal an die Betreute versendet. In der Akte fand sich aber keine Postzustellungsurkunde, die einen Zugang an sie belegen konnte. Ihr Verfahrensbevollmächtigter erhob Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof. Er fügte die Kopie einer beglaubigten Abschrift des Beschlusses bei, wobei er erklärte, dass das Zugangsdatum nicht bekannt sei. Er beantragte, die Beschwerdebegründungsfrist um zwei Monate zu verlängern. Nachdem er Akteneinsicht genommen hatte, begründete er die Rechtsbeschwerde nach Ablauf der ihm gesetzten Frist und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - mit Erfolg.
Keine erneute förmliche Zustellung erforderlich
Die Zustellung der Beschwerdeentscheidung ist dem BGH zufolge mit dem Erhalt der Kopie einer beglaubigten Abschrift erfolgt. Denn mit der Kopie habe die Betroffene Gelegenheit gehabt, von dessen Inhalt Kenntnis zu nehmen. Eine erneute Zustellung des Originalbeschlusses sei hingegen nicht erforderlich. Der Zweck der Zustellung liegt laut dem XII. Zivilsenat darin, dem Adressaten Gelegenheit zu verschaffen, das Schriftstück zu lesen und den Zeitpunkt der Bekanntgabe zu dokumentieren (hier: Einlegen der Rechtsbeschwerde). Ist die Kenntnisnahme gegeben und steht der tatsächliche Zugang auch ohne Postzustellungsurkunde fest, bedarf es keiner erneuten formellen Zustellung. § 189 ZPO habe nicht den Sinn, die Zustellungsvorschriften "zum Selbstzweck erstarren" zu lassen. Vielmehr sei mit Erreichen des Zustellungszwecks diese als bewirkt anzusehen, so die Karlsruher Richter. Die Säumnis der Beschwerdebegründungsfrist sei durch den Wiedereinsetzungsantrag geheilt.
Externe Gutachterin notwendig
Ist die Betroffene länger als vier Jahre untergebracht, bedarf es nach § 329 Abs. 2 Satz 2 FamFG zur Beurteilung des Verlängerungsantrags eines externen Gutachtens: Es soll kein Sachverständiger bestellt werden, der die Betroffene bisher behandelt oder begutachtet hat oder in der Einrichtung tätig ist, wo die Betroffene untergebracht ist. Damit soll Zweifeln an der Objektivität des Gutachtens entgegengewirkt werden, so der Bundesgerichtshof. Dabei gelte diese Regel auch, wenn die Unterbringung kurzzeitig unterbrochen oder trotz fehlender Genehmigung weiter vollzogen worden sei. Letzteres sei hier der Fall gewesen: Für einen Zeitraum von fünf Wochen sei die Frau ohne Anordnung untergebracht gewesen. Der BGH hob die Beschwerdeentscheidung auf und verwies die Sache ans Landgericht zur erneuten Entscheidung zurück.