Die Pflichtverteidigerin eines Drogenhändlers hatte gegen seine Verurteilung zu einer Haftstrafe von fast vier Jahren Revision eingelegt. Da keine Begründung eingegangen war, hatte der Bundesgerichtshof die Revision verworfen. Unmittelbar danach meldete sich ein anderer Anwalt, der die allgemeine Sachrüge erhob und Wiedereinsetzung für seinen Mandanten beantragte. Er fügte eine als "eidesstattliche Versicherung" bezeichnete Erklärung des Angeklagten bei. Danach habe dieser seine Verteidigerin "unmittelbar" nach seiner Verurteilung und telefonisch "aus der Haft heraus" mit der "Einlegung und Führung der Revision" beauftragt. Daher, so der neue Wahlverteidiger, hätte sich sein Mandant darauf verlassen dürfen, dass die Anwältin alles unternehmen werde, "um die Revision form- und fristgerecht zu führen".
Die Leipziger Richterinnen und Richter (Beschluss vom 26.09.2023 – 5 StR 350/23) fragten allerdings bei der Pflichtverteidigerin selbst bezüglich des Sachverhalts an. Dort klang der Fall dann deutlich anders. Sie versicherte anwaltlich, ihren Mandanten davon überzeugt zu haben, zur Prüfung der schriftlichen Begründung vorsorglich Rechtsmittel einzulegen. Nach der Überprüfung habe er um Rücknahme der Revision gebeten – sie habe dann keine Begründung eingereicht. Erst nach Eingang des Verwerfungsbeschlusses habe er von ihr plötzlich verlangt, die Revision doch zu begründen. Sie habe dieses Telefonat abbrechen müssen, da ihr Mandant sich so aufgeregt habe.
Der 5. Strafsenat hat betont, dass die "eidesstattliche Versicherung" des Beschuldigten schon vor Eingang der Stellungnahme der Anwältin für eine Wiedereinsetzung nicht ausgereicht hätte. Da der Mann jederzeit selbst eine Erklärung der Verteidigerin zum Sachverhalt hätte einholen können, billigte der BGH der Versicherung des Mandanten keinen besonderen Beweiswert zu. Mit Blick auf die Darstellung der Anwältin sei jetzt erst recht von seinem eigenen Verschulden auszugehen.