Halterhaftung für Beschädigung durch "rollenden" Anhänger
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Wird ein auf einer Straße abgestellter Anhänger durch eine Kollision in Bewegung gesetzt und beschädigt im Rollvorgang ein Gebäude, kommt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs eine Haftung wegen des "Betriebs" des Fahrzeugs in Betracht. In dem Schaden habe sich die aus der Konstruktion des Anhängers resultierende Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Einwirkung von Fremdkraft verwirklicht, die durch das Abstellen nicht beseitigt worden sei.

Gebäudeversicherer verlangt Schadenersatz

Ein Gebäudeversicherer verlangte von einem Haftpflichtversicherer aus übergegangenem Recht Schadenersatz aufgrund eines Unfalls. Ein bei der Beklagten versicherter Anhänger war ordnungsgemäß auf einer Straße abgestellt worden. Ein Pkw-Fahrer kam auf dieser Straße nach rechts von der Fahrbahn ab und stieß dabei gegen ein Gebäude und den Anhänger. Durch den Aufprall rollte der Anhänger nach vorn und stieß gegen das bei der Klägerin versicherte Nachbargebäude. Dadurch wurden das Eingangstor zum Grundstück sowie die Fassade des Gebäudes beschädigt. Die Gebäudeversicherung erstattete dem Eigentümer die für die Beseitigung der Schäden entstandenen Kosten.

LG: Gebäudeschaden nicht Betrieb des Anhängers zuzurechnen

Während das Amtsgericht Friedberg der Klage stattgab, verneinte das Landgericht Gießen einen Schadenersatzanspruch der Klägerin aus §§ 7 Abs. 1 StVG a.F., §§ 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 86 Abs. 1 VVG. Eine Haftung, wonach ein Schadensereignis dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs zugerechnet werden könne, liege hier nicht vor. Es bestehe die Besonderheit, dass der Anhänger durch einen anderen Verkehrsteilnehmer in Bewegung gesetzt worden sei. Dagegen legte die Klägerin beim BGH die Revision ein - mit Erfolg.

Schaden ist bei Betrieb des Anhängers eingetreten

Entgegen der Ansicht des LG ist die Beschädigung des bei der Klägerin versicherten Gebäudes dem VI. Zivilsenat zufolge beim Betrieb des bei der Beklagten versicherten Anhängers entstanden. In dem Schadengeschehen hätten sich die vom Anhänger ausgehenden Gefahren ausgewirkt. Auch wenn der Fahrer des Pkw, der die Kontrolle über das von ihm geführte Fahrzeug verloren hatte, den Unfallablauf maßgeblich bestimmt haben mag, sei das Schadengeschehen durch den Anhänger (mit)geprägt worden und auch seinem Betrieb zuzurechnen. So habe sich die aus der Konstruktion des Anhängers resultierende Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Einwirkung von Fremdkraft verwirklicht, die durch das Abstellen des Anhängers im öffentlichen Verkehrsraum noch nicht beseitigt war. Diese Gefahr werde vom Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG a.F. beziehungsweise § 19 Abs. 1 Satz 1 StVG n.F. erfasst. Die Tatsache, dass der Fahrer des Pkw die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren habe, könne im Rahmen eines etwaigen Gesamtschuldnerausgleichs nach §§ 426 Abs. 1,  254 Abs. 1 BGB relevant werden.

BGH, Urteil vom 07.02.2023 - VI ZR 87/22

Redaktion beck-aktuell, 15. März 2023.