Der Erwerber eines rund 40 Jahre alten Mercedes-Benz 380 SL mit einer Laufleistung von rund 150.000 km – Erstzulassung im Juli 1981 – war enttäuscht, als er zwei Monate nach dem Kauf im März 2021 feststellte, dass die Klimaanlage defekt war (Kaufpreis: 25.000 Euro). Die Reparatur des Kompressors kostete ihn 1.750 Euro, und die wollte er vom Verkäufer erstattet bekommen. Das Verlangen war nicht so abwegig, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag: Der private Anbieter hatte auf einer Online-Plattform ausdrücklich geschrieben: "Klimaanlage funktioniert einwandfrei." Allerdings folgte dann der nicht ungewöhnliche Satz: "Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung."
Die Vorinstanzen – das AG Wetzlar und das LG Limburg a. d. Lahn – hatten noch beide dem Verkäufer Recht gegeben, aber die Revision zum BGH zugelassen. Denn der hatte bereits zuvor entschieden: Eine gleichzeitige Vereinbarung
einer bestimmten Beschaffenheit der Kaufsache einerseits und eines
umfassenden Ausschlusses der Gewährleistung andererseits seien
regelmäßig dahin auszulegen, dass der Gewährleistungsausschluss nicht
für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit gelten solle. Damals ging es um ein bei einer Internetauktion mit dem Zusatz
"Krad wird natürlich ohne Gewähr verkauft" angepriesenes Motorrad,
dessen Kilometerstand mit 30.000 Kilometern angegeben wurde. In
Wirklichkeit waren es aber Meilen – und damit rund 1,6-mal so viel.
Doch den aktuellen Fall beurteilte der VIII. Zivilsenat in Karlsruhe zugunsten des Käufers (Urteil vom 10.04.2024 – VIII ZR 161/23). Bei einer (ausdrücklich oder stillschweigend) vereinbarten Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB aF (nunmehr § 434 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB) ist seiner Mitteilung zufolge nach "gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung" ein daneben vereinbarter allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel dahin auszulegen, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit gelten soll, sondern nur für sonstige Mängel, nämlich solche im Sinne des früheren § 434 Abs. 1 S. 2 BGB.
Kein Privileg für Angebote im Internet
Daran ändert aus Sicht der Bundesrichter nichts, dass der Anbieter nicht erst im Kaufvertrag, sondern schon in der Internetanzeige die beiden widersprüchlichen Angaben gemacht hatte. "Denn gerade das – aus Sicht eines verständigen Käufers – gleichrangige Nebeneinanderstehen einer Beschaffenheitsvereinbarung einerseits und eines Ausschlusses der Sachmängelhaftung andererseits gebietet es (...), den Gewährleistungsausschluss als beschränkt auf etwaige, hier nicht in Rede stehende Sachmängel nach § 434 Abs. 1 S. 2 BGB aF aufzufassen." Denn sonst wäre die Beschaffenheitsvereinbarung für ihn – außer im (hier nicht gegebenen) Fall der Arglist des Verkäufers (§ 444 Alt. 1 BGB) – ohne Sinn und Wert.
Der Senat geht zudem auf die Besonderheiten beim Erwerb älterer Gegenstände ein. Insbesondere wenn wie hier die Funktionsfähigkeit eines bestimmten Fahrzeugbauteils den Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung bildet, rechtfertigt dem Urteil zufolge das hohe Alter des Fahrzeugs beziehungsweise des betreffenden Bauteils nicht die Annahme, dass ein zugleich vereinbarter allgemeiner Gewährleistungsausschluss auch für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit gelten solle. Ebenso wenig gelte dies für den Umstand, dass dieses Bauteil typischerweise dem Verschleiß unterliege. "Diese Umstände (Alter des Fahrzeugs, Verschleißanfälligkeit eines Bauteils) können zwar für die übliche Beschaffenheit eines Gebrauchtwagens von Bedeutung sein", schreiben die obersten Zivilrichter: "Sie spielen jedoch weder für die Frage einer konkret vereinbarten Beschaffenheit noch für die hier maßgebliche Frage eine Rolle, welche Reichweite ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss im Fall einer vereinbarten Beschaffenheit hat." Das Limburger LG wird sich den Fall also noch einmal anschauen müssen.