Fragwürdiges Gutachten im Vorprozess
Die Betreiberin einer Druckerei verlangte von einem Sachverständigen, den das Gericht wegen Forderungen gegen die Verkäuferin einer Druckmaschine bestellt hatte, Schadensersatz. Sie fand, die Maschine laufe zu langsam. Zuvor hatte sie einen eigenen Gutachter eingeschaltet, der ihr recht gab – ebenso wie ein anderer Experte, den das Landgericht Würzburg daraufhin in einem selbstständigen Beweisverfahren eingesetzt hatte. Anders der für die Klage selbst vom Gericht bestellte, dritte Gutachter: Er fand die Druckgeschwindigkeit normal, woraufhin die Klage abgewiesen wurde. Die Berufung der Geschäftsfrau zum OLG Bamberg endete mit einem Vergleich mit der Verkäuferin.Klage gegen den Experten
Daraufhin ging die Druckereibetreiberin gegen den Gerichtsgutachter aus dem Hauptprozess vor. Sie machte vor dem LG München I geltend, der Mann habe vorsätzlich oder zumindest leichtfertig gewissenlos eine unrichtige Stellungnahme abgegeben. Dieses meinte jedoch ebenso wie anschließend das dortige OLG, Ansprüche nach § 839a BGB kämen von vornherein nicht in Betracht, weil der Vorprozess mit einem Vergleich geendet habe. Die Unanwendbarkeit dieser spezielleren Vorschrift versperre auch einen Anspruch wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (§ 826 BGB).
BGH: Analoge Anwendung möglich
Das sah der BGH nun anders. Die Vorschrift zur Haftung von Gerichtsgutachtern könne auf einen Vergleich jedenfalls angewendet werden, wenn dieser von der Expertise beeinflusst worden sei. Die Karlsruher Richter erinnern daran, dass § 839a BGB erst im Jahr 2002 eingeführt wurde und nach seiner Konzeption eine Gerichtsentscheidung – nicht bloß einen Vergleich – voraussetze. Auch verdränge er die allgemeine deliktsrechtliche Haftung (§§ 823 ff. BGB). Eine analoge Anwendung sei jedoch möglich. Schließlich hänge es oft von zufälligen Umständen ab, wodurch ein Gerichtsverfahren beendet werde.