Gutgläubiger Erwerb einer Vormerkung

Tritt ein Käufer seinen mit einer Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruch an einen im Hinblick auf vorrangige Eintragungen gutgläubigen Dritten ab und übereignet der Verkäufer dem Käufer dann als Zwischenerwerber das Grundstück, so können dem Zwischenkäufer die Wirkungen der Auflassungsvormerkung zugute kommen. Der Bundesgerichtshof hat betont, dass dies selbst dann gilt, wenn er selbst bei Erwerb der Vormerkung nicht gutgläubig war. 

Klägerin verlangt Löschung der Widersprüche

Der Beklagte hatte 1991 von der vormaligen Eigentümerin mehrere Grundstücke gekauft. Zu seinen Gunsten wurde eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. 2014 verkaufte die Erstverkäuferin die Grundstücke nochmals, und zwar an eine Zwischenerwerberin. Der Anspruch auf Eigentumsübertragung war durch eine weitere Vormerkung gesichert. Die zugunsten des Beklagten eingetragene vorrangige Vormerkung wurde im Mai 2017 im Grundbuch gelöscht. Kurze Zeit später verkaufte die Zwischenerwerberin die Areale an die Klägerin und trat dieser die durch die Vormerkung gesicherte Forderung aus dem Kaufvertrag mit der Erstverkäuferin ab. Gegen die Löschung der zugunsten des Beklagten eingetragenen Vormerkung wurden im Juni 2017 ein Amtswiderspruch nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO sowie ein Widerspruch nach § 899 BGB ins Grundbuch eingetragen.  Die Zwischenkäuferin wurde als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen. Im März 2018 erfolgte die Auflassung. Die Klägerin wurde anschließend als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen. Mit den Widersprüchen war sie nicht einverstanden und verlangte ihre Löschung.

OLG: Eigentum nicht gutgläubig "lastenfrei" erworben

Die neue Eigentümerin scheiterte sowohl beim Langericht Frankfurt (Oder) als auch beim Oberlandesgericht Brandenburg. Ihr stehe kein Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der zugunsten des Beklagten eingetragenen Widersprüche aus § 894 BGB zu. Im maßgeblichen Zeitpunkt sei sie im Hinblick auf die Löschung der Auflassungsvormerkung des Beklagten nicht mehr gutgläubig gewesen. Die Revision der Käuferin beim BGH hatte Erfolg und führte zur Zurückverweisung.

Nähere Umstände des Geschäfts klärungsbedürftig

Aus Sicht des V. Zivilsenats hat das OLG die Voraussetzungen des Grundbuchberichtigungsanspruchs der Klägerin zu Unrecht verneint. Die BGH-Richter konnten nicht ausschließen, dass die Klägerin eine Vormerkung erworben hatte, die ihr einen im Hinblick auf die Vormerkung des Beklagten lastenfreien Eigentumserwerb ermöglichte, und dass diese Vormerkung auch beim Eigentumserwerb der Zwischenkäuferin Wirkung entfaltete. Das OLG müsse nunmehr prüfen, inwieweit im Hinblick auf den vormerkungsgesicherten Anspruch im Kaufvertrag aus 2014 ein Abtretungsverbot nach § 399 Fall 2 BGB bestand und gegebenenfalls, ob und wann die Erstverkäuferin die Abtretung genehmigte. Insoweit wäre dann der Zeitpunkt der "Genehmigung" für den guten Glauben der Klägerin entscheidend. Mangels Feststellungen des OLG sei auch zu klären, auf welcher Grundlage der Zwischenerwerb beruhte. Ob sich die Klägerin im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs bereits auf die Wirkungen der Auflassungsvormerkung berufen konnte, sei ebenfalls offen, da unklar sei, ob eine vereinbarte Bedingung bereits eingetreten war.

BGH, Urteil vom 09.12.2022 - V ZR 91/21

Redaktion beck-aktuell, 25. Januar 2023.