Erlös aus verjährter Straftat: Einziehung ohne gesondertes Verfahren ist möglich
© HN Works / stock.adobe.com

Der Waffenhersteller Heckler & Koch wird wegen der Waffenlieferungen nach Mexiko wohl weitere rund 690.000 Euro an die Staatskasse zahlen müssen. Der Große Senat für Strafsachen hat entschieden, dass die Einziehung des Taterlöses zusammen mit dem Urteil angeordnet werden darf, durch das das Verfahren wegen Verjährung eingestellt wird. 

Bei Heckler & Koch taten sich einige Mitarbeiter zusammen, um für die Firma ein lukratives Geschäft nach Mexiko einzufädeln: Zwischen 2006 und 2009 legten sie dem Bundeswirtschaftsministerium falsche Endverbleibserklärungen vom mexikanischen Verteidigungsministerium vor, um die Genehmigung für die Lieferung von mehr als 4.200 G-36-Sturmgewehren, Maschinenpistolen und Magazinen zu erhalten. Diese Waffen tauchten später auch in mexikanischen Provinzen auf, die von der Bundesregierung als nicht-belieferungsfähig angesehen wurden.

Das Landgericht Stuttgart stellte einige Vorwürfe wegen Verjährung ein, verurteilte zwei der Angeklagten zu Bewährungsstrafen und zog den Erlös der Waffenverkäufe ein – auch den der bereits verjährten Taten. Einen gesonderten Antrag zur Einziehung der Taterlöse aus den eingestellten Taten stellte die Staatsanwaltschaft nicht. Das Urteil ist im Hinblick auf die Schuld- und Strafaussprüche inzwischen rechtskräftig. Offen blieb allein die Revision der Einziehungsbeteiligten Heckler & Koch, die sich zum Schluss noch gegen die Zahlung der Erlöse aus den verjährten Taten wehrte. Der 3. Strafsenat wollte diese Revision ebenfalls verwerfen, musste die Frage aber dem Großen Senat für Strafsachen vorlegen, nachdem der 1. und 2. Strafsenat an ihrer gegenteiligen Auffassung festgehalten hatten.

Gesondertes Einziehungsverfahren unnötig

Solange die Tat noch Gegenstand der Hauptverhandlung ist, so der Große Senat, sei es zulässig, die Einziehung anzuordnen. In diesen Fällen bedürfe es keines objektiven Verfahrens. Nach dem Wortlaut des § 76a StGB sei ein gesonderter Antrag der Staatsanwaltschaft nach den §§ 435 ff. StPO nicht erforderlich. Sie müsse die selbstständige Einziehung (von der Strafverfolgung und Verurteilung des Täters unabhängig) nur dann bei Gericht beantragen, wenn sie gegen den mutmaßlichen Täter keine Anklage erhebt. Die Richterinnen und Richter des Großen Senats halten die selbstständige Einziehung auch außerhalb des selbstständigen Einziehungsverfahrens für zulässig.

Auch für Heckler & Koch als Unternehmen, dass nicht selbst angeklagt wurde, sondern nur als Drittbegünstigte und damit als Einziehungsbeteiligte am Strafverfahren teilnahm, gilt laut BGH nichts anderes: Stellt das erkennende Gericht fest, dass die Firma aus verjährten Taten einen Erlös gewonnen hat, ziehe es das Erlangte ein.

Der Große Senat begründete seine Entscheidung mit bestehenden Rechtssprechungstraditionen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber durch die, vom Gericht ausführlich dargestellten, Reformen des Einziehungsrecht der letzten Jahre eine selbstständige Einziehung ausschließlich dem objektiven Verfahren habe vorbehalten wollen. Wenn er dies gewollt hätte, hätte er es – auch wegen des möglichen Mehraufwands für die Strafbehörden – klar offenlegen müssen. 

BGH, Beschluss vom 23.05.2023 - GSSt 1/23

Redaktion beck-aktuell, rw, 29. November 2023.