Gratismuster nicht rezeptpflichtiger Medikamente für Apotheken
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Pharmazeutische Unternehmen dürfen Gratismuster nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel grundsätzlich an Apotheker abgeben. Die Abgabe "zu Demonstrationszwecken" ist dann zwar nicht als unzulässige Abgabe von Medikamenten wettbewerbswidrig, könnte aber laut Bundesgerichtshof trotzdem gegen das Heilmittelwerbegesetz verstoßen.

Pharmakonzern will Werbegaben unterbinden

Die Novartis Consumer Health GmbH – die Herstellerin des Arzneimittels "Voltaren Schmerzgel" – beantragte vor dem LG Frankfurt a. M., die Abgabe von Gratismustern des Arzneimittels Diclo-ratiopharm-Schmerzgel durch den Generikahersteller ratiopharm an Apotheker zu untersagen. Beide Medikamente enthalten den Wirkstoff Diclofenac. Novartis war der Ansicht, eine solche kostenlose Abgabe an Apotheken "zu Demonstrationszwecken" verstoße gegen § 47 Abs. 3 AMG und sei daher eine – auch wettbewerbsrechtlich – unzulässige Weitergabe von fertigen Arzneimitteln. Das LG gab der Klage statt. Die Berufung des Generikakonzerns scheiterte vor dem OLG, da die Norm es pharmazeutischen Unternehmen verbiete, Muster eines Fertigarzneimittels an Apotheken abzugeben. Dagegen legte er Revision ein – vorerst mit Erfolg.

EuGH: Nur Ärzte dürfen Gratisproben verschreibungspflichtiger Produkte erhalten

Der BGH hatte zunächst den EuGH um eine Bewertung des Falls aus europarechtlicher Sicht gebeten. Dieser entschied, dass der Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (RL 2001/83/EG) es pharmazeutischen Unternehmen nicht erlaube, Gratismuster verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheker abzugeben. Für nicht verschreibungspflichtige Medikamente gelte dies nicht.

BGH: Zuwendung in Form einer Ware klärungsbedürftig

Dem folgte der BGH. Aus Sicht der Richter verstößt die Abgabe des nur apothekenpflichtigen Arzneimittels von ratiopharm an Apotheker weder gegen § 47 Abs. 3 AMG noch gegen Art. 96 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG: Diese Bestimmungen seien auf solche Fertigarzneimittel nicht anwendbar. Die Musterabgabe sei damit unabhängig vom Wert des Musters innerhalb der Grenzen des § 47 Abs. 3 und 4 AMG zulässig. Dem I. Zivilsenat zufolge liegt insoweit kein wettbewerbswidriges Verhalten vor. Allerdings könne ein Verstoß gegen das Verbot von Werbegaben nach § 7 Abs. 1 HWG vorliegen. Relevant sind dabei laut BGH die gelieferten Mengen: Größere Lieferungen würden für eine Weitergabe an Kunden und damit einen unzulässigen Werbeeffekt sprechen. Dies muss das OLG jetzt näher aufklären.

BGH, Urteil vom 17.12.2020 - I ZR 235/16

Redaktion beck-aktuell, 10. März 2021.