Das Amtsgericht Kempten (Allgäu) hatte es im Jahr 2021 abgelehnt, eine Rechtsnachfolgeklausel für drei Vollstreckungstitel zu erteilen, weil die Antragstellerin in dem Verfahren trotz Aufforderung keine öffentlich beglaubigten Handelsregisterauszüge vorgelegt, sondern auf das elektronische Handelsregister verwiesen hatte.
Auch das Landgericht sah die Rechtsnachfolge dennoch nicht als offenkundig im Sinne von § 727 ZPO an, obwohl die Verschmelzung des betroffenen Unternehmens mit einem anderen Rechtsträger unter "www.handelsregister.de" dokumentiert war. Das "öffentlich im Internet zugängliche Handelsregister" sei schließlich kostenpflichtig und insoweit nicht frei zugänglich, so die Begründung des LG aus dem November 2021.
Diese ist allerdings spätestens seit dem 01.08.2022 überholt, weil die Nutzung des von den Ländern im Rahmen des "Gemeinsamen Registerportals" betriebenen elektronischen Handelsregister seitdem für jedermann kostenlos ist und man sich nicht einmal mehr registrieren muss.
BGH goes digital
Darauf verweist auch der VII. Zivilsenat des BGH und schickt die Sache zurück an das AG: Die über das elektronische Handelsregister ersichtliche Eintragung der Verschmelzung zweier Rechtsträger sei eine allgemeinkundige Tatsache nach § 727 Abs. 1 und 2 ZPO.
Der Inhalt des von den Registergerichten geführten Handelsregisters (§ 8 HGB) sei, so die Bundesrichter, eine zuverlässige Informationsquelle, die allgemein zugänglich sei. Die Allgemeinheit könne den Inhalt des Handelsregisters entweder vor Ort auf der Geschäftsstelle des jeweiligen Registergerichts oder eben online über einen beliebigen Internetzugang zur Kenntnis nehmen.
Der Einwand, eine hinreichende Überzeugung könne allein der "Originalregisterinhalt" vermitteln, der über das Internetportal "www.handelsregister.de" nicht einsehbar sei, sondern nur wie eine Kopie oder Abschrift wiedergegeben werde, überzeugt den BGH nicht. Schließlich greife das elektronische Handelsregister auf denselben Datenbestand zu.
Umgang mit Internet allgmein bekannt
Auch das Argument, das Register sei nicht allgemein zugänglich, wischt der Senat vom Tisch. Die – auch von anderen Gerichten geteilte – Begründung der Vorinstanzen, man brauche für die Nutzung des elektronischen Handelsregisters "ein Grundverständnis über den Aufbau und die Funktionsfähigkeit der Webseite sowie die damit verbundenen Recherchemöglichkeiten", bezeichnet der BGH als schlicht unzeitgemäß.
Das stehe "im Widerspruch zum hohen Verbreitungsgrad des Internets als einem zentralen Informations- und Kommunikationsmedium in allen Lebensbereichen". Es sei schließlich gerade der Sinn des elektronischen Handelsregisters, dass die Eintragungen jederzeit und für jedermann frei zugänglich seien.