Glaubhaftmachung eines unverschuldeten Computerausfalls

Soll ein Wiedereinsetzungsantrag auf einen vorübergehenden Defekt eines Rechners gestützt werden, so müssen die Art des Fehlers und seine Behebung näher erläutert werden. Der Bundesgerichtshof hat betont, dass es zulasten des Anwalts geht, wenn zumindest offenbleibt, ob er den Ausfall selbst verschuldet hat.

Neustart kurz vor Mitternacht

Ein Mann wehrte sich gegen die Rückforderung von geleisteten Unterhaltsvorschüssen durch das Land Mecklenburg-Vorpommern. Nachdem er vor dem AG Neubrandenburg verloren hatte, legte sein Anwalt Beschwerde beim OLG Rostock ein. Der Familiensenat verlängerte die Frist zur Begründung der Beschwerde bis zum 27.01.2022. Der Schriftsatz ging allerdings erst um 0.03 Uhr am 28.01. per beA ein. Nachdem das Gericht auf die mögliche Verfristung hingewiesen hatte, stellte der Mann einen Wiedereinsetzungsantrag. Er begründete diesen damit, dass sein Anwalt den Schriftsatz zunächst auf einem älteren PC der Kanzlei erstellt habe. Um 23.50 Uhr habe er die Begründung dann auf seinem Laptop signieren und über das beA an das Gericht übermitteln wollen. Dabei sei es zwischen 23.54 Uhr und 23.58 Uhr zu einem Ausfall des Notebooks gekommen, der durch einen Neustart behoben werden konnte. Der IT-Fachmann der Kanzlei habe ermittelt, dass das Gerät bereits ab 23.20 Uhr Fehlermeldungen aufgezeichnet habe, die mit dem Neustart um 23.54 Uhr geendet hätten. Den Hintergrund hierfür habe er nicht klären können. Das OLG Rostock gewährte keine Wiedereinsetzung, was vom BGH bestätigt wurde.

Kein unverschuldeter Ausfall

Die Karlsruher Richter stellten klar, dass ein unvorhersehbarer Ausfall eines Computers durchaus ein Grund für eine Wiedereinsetzung sein kann, wenn er den rechtzeitigen Versand eines Schriftsatzes verhindert. Dann müsse aber glaubhaft gemacht werden, dass kein Verschulden des Anwalts vorliegt. Bleibe offen, ob gegebenenfalls auch eine unzureichende Wartung oder ein Bedienungsfehler Ursache sein könne, gehe dies – wie im vorliegenden Fall – zulasten der Partei. Hier habe der Bevollmächtigte selbst eingeräumt, dass der Hintergrund des plötzlichen Defekts, der sich mit einem Neustart spurlos habe beheben lassen, ungeklärt sei. Der XII. Zivilsenat gibt insoweit auch zu bedenken, dass die Verwendung zweier Rechner für die Erstellung des Schriftsatzes trotz knapper Zeit die Gefahr einer Fehlbedienung erhöht haben könnte. Abschließend erinnert der Senat an die Möglichkeit einer Ersatzeinreichung per Fax bei technischen Problemen: Hierfür sei es unerheblich, ob der Grund für die Störung in der Sphäre des Einreichenden liege.

BGH, Beschluss vom 01.03.2023 - XII ZB 228/22

Redaktion beck-aktuell, 4. April 2023.