Gewerbliche Einschleusung nepalesischer Staatsbürger
Sechs Angeklagte wurden vom Landgericht München I zu Freiheitsstrafen zwischen anderthalb und vier Jahren und drei Monaten verurteilt, weil sie Menschen aus Nepal nach Deutschland geschleust hatten. Vorgesehen war jeweils, dass die Nepalesen mit einem zeitlich befristeten Aufenthaltstitel einreisten, dann in Dänemark eine Scheinehe mit einem EU-Bürger schlossen, um anschließend - auf die Ehe gestützt - einen längerfristigen Aufenthaltstitel in der Bundesrepublik zu erwerben.
Täter glaubten an Gültigkeit der Titel
Einer der Nepalesen reiste mit einem polnischen Arbeitsvisum ein, das ohne Wissen eines der angeklagten Schleuser inzwischen widerrufen worden war. Eine Frau besaß ein polnisches Touristenvisum für 90 Tage, das bei der Einreise nach Deutschland noch galt - sie plante aber von vorneherein, sich über das Ablaufdatum hinaus hier aufzuhalten. Davon war einem ihrem Schleuser aber nichts bekannt. Das LG sprach die beiden Angeklagten insoweit frei. Dagegen erhob die Staatsanwaltschaft Revision: Sie war der Ansicht, dass auch in diesen Fällen eine Strafbarkeit gegeben sei, weil von vornherein der Plan bestanden habe, die Titel zu missbrauchen.
Formale Gültigkeit des Titels maßgebend
Die Absicht des Ausländers mit einem gültigen Visum, in Deutschland einen dauerhaften (rechtswidrigen) Aufenthalt zu begründen, macht die Einreise oder den Aufenthalt für die Dauer der Gültigkeit nicht illegal, so dagegen der BGH. Er hält an seiner Rechtsprechung fest, dass es allein auf die formale Rechtmäßigkeit des Dokuments ankommt - nicht auf den konkreten Aufenthaltszweck des Inhabers. Das Bestimmtheitsgebot in Art. 103 Abs. 2 GG verlange gerade in verwaltungsakzessorischen Straftatbeständen (wenn zum Beispiel wie hier für eine Straftat das Fehlen einer verwaltungsrechtlichen Erlaubnis notwendig ist) eine eindeutige Auslegung, damit die Bürger genau erkennen können, ob sie sich strafbar machen oder nicht.
Nur Geschleuste haben Ausländerstraftaten begangen
Der Inhaber des widerrufenen Arbeitsvisums sei nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG iVm § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG unerlaubt in Deutschland eingereist, weil er nicht über ein gültiges Aufenthaltspapier verfügte. Die Nepalesin mit dem Kurzvisum sei zwar noch legal eingereist, habe sich aber ab dem 91. Tag illegal im Inland aufgehalten und sich nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG strafbar gemacht. Die Haupttaten seien daher unzweifelhaft gegeben. Deren Helfer aber, die davon ausgingen, dass die Papiere gültig waren, sind dem 1. Strafsenat zufolge nicht zu bestrafen, weil ihnen der doppelte Gehilfenvorsatz fehlte.