Die Mietpreisbremse ist seither ein Politikum. Sie soll die überhitzten Wohnungsmärkte in gefragten Ballungsgebieten abkühlen, indem sie eine Obergrenze für das monatliche Entgelt bei Neuvermietungen vorsieht. Im Wesentlichen stehen sich beim Streit um das Regulierungsinstrument zwei Seiten gegenüber: Auf der einen Seite Vermieterinnen und Vermieter, die sich in ihrer wirtschaftlichen Betätigung beschränkt sehen und um ihre Gewinne fürchten, und auf der anderen Mieterinnen und Mieter, die ob der prekären Situation auf dem Wohnungsmarkt nicht ausgebeutet werden wollen.
Besonders relevant ist die Mietpreisbremse im gefragten Berlin. Doch gerade dort hat nun ein Mieter die Sache auf den Kopf gestellt: Er selbst wohnte seit 2009 in einer Zweizimmerwohnung in der Hauptstadt und zahlte dort zuletzt eine Nettokaltmiete von 460 Euro pro Monat. Seit Juni 2015 gilt in seinem Wohngebiet die Mietpreisbremse nach § 556d BGB. Als er Anfang 2020 vorübergehend für längere Zeit ins Ausland ging, kündigte der Mann seinen Mietvertrag jedoch nicht, sondern vermietete die Wohnung selbst für monatlich 962 Euro kalt unter. Seine Vermieterin hatte er vorher nicht um Zustimmung gebeten. Nach der Mietpreisbremse wäre bei Neuvermietung der Wohnung eigentlich nur eine maximale Nettokaltmiete von 748 Euro erlaubt gewesen.
Mieter wollte Gewinn nicht an Vermieterin abgeben
Dies führte offenbar zu Streit mit der Vermieterin, die an den Einnahmen partizipieren wollte. Als er das verweigerte, erklärte sie, nicht mit der Untervermietung einverstanden zu sein, und mahnte ihn ab. Schließlich erklärte sie die ordentliche Kündigung des Mietvertrages aufgrund vertragswidrigen Verhaltens (§ 573c Abs. 2 Nr. 1 BGB). Der Streit um diese Kündigung hat inzwischen den VIII. Zivilsenat des BGH erreicht, der sich am Mittwoch in der Verhandlung mit der Frage beschäftigen wird, ob auch Mieterinnen und Mieter an die Mietpreisbremse gebunden sind, wenn sie ihre Wohnung untervermieten – und ob sie ihre Vermieterinnen und Vermieter bei lukrativen Untervermietungen am Gewinn beteiligen müssen.
Vor dem AG war die Vermieterin zunächst mit ihrer Räumungsklage gescheitert, weil das Gericht der Ansicht war, sie habe der Untervermietung konkludent zugestimmt und habe diese Zustimmung auch nicht widerrufen können, da der Mieter hierauf ein Anrecht habe. Die Vermieterin war indes der Meinung, sie müsse ihrem Mieter keine gewinnbringende Untervermietung gestatten, erst recht nicht, wenn diese gegen die geltende Mietpreisbremse verstoße. Dies sah schließlich auch das LG Berlin so, dass ihrer Räumungsklage stattgab. Die 64. Zivilkammer führte dazu aus, die Vermieterin müsse es ihrem Mieter nicht gestatten, mit einer Untervermietung wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen, wenn er sie hieran nicht beteilige. Er habe zudem keinen Anspruch auf die Erlaubnis einer Untervermietung, die mit der Mietpreisbremse kollidiere.
Wem steht der Gewinn zu - und welche Rolle spielt die Mietpreisbremse?
So geht es vor dem BGH nun vor allem um zwei Fragen: Haben Vermieterinnen und Vermieter ein Recht auf ein Stück vom Kuchen, wenn ihre Mieterinnen und Mieter die Wohnung für mehr Geld untervermieten, als sie selbst zahlen? Und sind Mieterinnen und Mieter dabei an die Mietpreisbremse gebunden? Die Fragen sind bislang umstritten, wie Rechtsanwalt und Mietrechtsexperte Michael Selk gegenüber beck-aktuell erklärt: "Die Frage ist, ob ein Mieter Gewinne machen darf oder der Vermieter Gewinne abschöpfen kann", so Selk. Wenn ein Mieter dies nicht wolle, könne sein Vermieter die Erlaubnis ggf. nach § 553 Abs. 2 BGB widerrufen. "In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob es da egal ist, ob der Mieter gegen die Mietpreisbremse verstößt – selbst unter den Kammern des LG Berlin", so Selk.
Er selbst habe durchaus Sympathien für ein Partizipationsrecht von Eigentümerinnen und Eigentümern, so Selk, denn bei einer gewinnbringenden Untervermietung fungiere der Vermieter letztlich wirtschaftlich als "Versicherer" des Mieters. So müsse ein Mieter, wenn in der Wohnung mal etwas kaputt sei, dies nicht auf eigene Kosten reparieren (lassen), sondern könne dies nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB vom Vermieter verlangen. Auch, wenn der Untermieter die Miete wegen des Mangels mindere, könne der Mieter seinen Mietausfallschaden wohl beim Vermieter geltend machen. Somit hält Selk es für rechtens, wenn dieser auch hälftig am Gewinn beteiligt werde.
Und was ist nun mit der Mietpreisbremse? "Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen..." heißt es in § 556 Abs. 1 BGB, die Norm spezifiziert also nicht die Art des Wohnmietvertrags. Und auch hier scheiden sich die juristischen Geister, wie Michael Selk erklärt, der jedoch erneut die besseren Argumente gegen den findigen Berliner Mieter sprechen sieht. "Mich überzeugt das Argument der Einheit der Rechtsordnung", so Selk. Was für Vermieterinnen gelte, das müsse gleichermaßen auch für Mieter gelten, die selbst vermieteten, "schon wegen generalpräventiven Aspekten und nach Sinn und Zweck der Normen zur Mietpreisbremse".
Ob der BGH am Mittwoch schon eine Entscheidung verkünden wird, ist aktuell noch offen.


