Geschiedene Ehefrau muss aus Wohnung ihres Ex-Mannes ausziehen
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Eine geschiedene Ehefrau kann nur innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung von ihrem Ex-Mann die Überlassung der Ehewohnung verlangen, wenn diese in seinem Alleineigentum steht. Dies hat der Bundesgerichtshof heute klargestellt. Da der Frau auch nicht aus anderen Gründen, etwa einer sonstigen Vereinbarung zwischen den Beteiligten, ein Recht zum Besitz an der Wohnung zustehe, müsse sie ausziehen.

Räumungs- und Herausgabeantrag gestellt

Die Beteiligten bewohnten während ihrer Ehe gemeinsam eine Wohnung, die im Alleineigentum des Antragstellers steht. Seit der Trennung im Jahre 2014 und auch über die seit Dezember 2015 rechtskräftige Scheidung hinaus nutzt die Antragsgegnerin die Wohnung allein. Sie war ursprünglich Alleineigentümerin einer anderen, im selben Haus gelegenen Wohnung, die sie im Jahr 2016 unentgeltlich auf einen Sohn übertrug. Sie zahlt an den Antragsteller weder Miete oder Nutzungsentschädigung noch trägt sie die verbrauchsabhängigen Kosten. Zahlungsaufforderungen des Antragstellers sind ebenso erfolglos geblieben wie sein Herausgabeverlangen. Der Antragsteller hat beim Amtsgericht einen auf § 985 BGB gestützten Räumungs- und Herausgabeantrag gestellt, dem das AG mit einer Räumungsfrist entsprochen hat. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hatte vor dem Oberlandesgericht keinen Erfolg.

Wie lange handelt es sich noch um Ehewohnung?

Der BGH hat die dagegen von der Antragsgegnerin eingelegte Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Zwar sei der aus dem Eigentum folgende Herausgabeanspruch eines Ehegatten auch nach Rechtskraft der Scheidung nicht durchsetzbar, solange der Anwendungsbereich des § 1568a BGB und damit das Ehewohnungsverfahren eröffnet ist. Ob es sich (noch) um eine Ehewohnung im Sinne des § 1568a BGB handelt, sei dabei nach der Situation im Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung zu beurteilen, sodass der Anwendungsbereich des § 1568a BGB immer dann eröffnet sei, wenn es sich bei den Räumen auch während des Getrenntlebens in rechtlicher Hinsicht um die Ehewohnung gehandelt habe.

Begründung oder Fortführung eines Mietverhältnisses

Diese Sperrwirkung ist nach Ansicht des BGH im Ergebnis aber durch § 1568a Abs. 6 BGB zeitlich begrenzt. Denn ein Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung würden nicht nur die Ansprüche auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf seine Begründung erlöschen, sondern auch diejenigen auf Überlassung der Ehewohnung, wenn sie nicht vorher rechtshängig gemacht worden sind. Zwar treffe § 1568a Abs. 6 BGB seinem Wortlaut nach keine Regelung für die Ansprüche des Ehegatten auf Überlassung der Ehewohnung nach § 1568a Abs. 1 und 2 BGB. Gleichwohl führe das Erlöschen der auf die Begründung eines Mietverhältnisses bezogenen Ansprüche aus § 1568a Abs. 3 und 5 BGB nach Ablauf der Jahresfrist in Anbetracht von Sinn und Zweck der Regelung und des systematischen Gesamtzusammenhangs dazu, dass dann auch der aus § 1568a Abs. 1 oder 2 BGB folgende Überlassungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden kann. Die gesetzliche Regelung sehe im Interesse der Rechtsklarheit als Rechtsfolge ausschließlich die Begründung oder Fortführung eines Mietverhältnisses vor. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers sollte auch in den Fällen, in denen der zur Überlassung verpflichtete Ehegatte Alleineigentümer der Ehewohnung ist, der Abschluss eines Mietvertrags der Regelfall sein. Ohne die Geltung der Jahresfrist auch für den Überlassungsanspruch wäre dem verpflichteten Eigentümer-Ehegatten aber die Möglichkeit genommen, die vom Gesetzgeber für erforderlich gehaltene Absicherung dieses Überlassungsverhältnisses mittels Mietvertrags durchzusetzen.

Gründe der Praktikabilität und Rechtssicherheit

Für dieses Auslegungsergebnis streiten nach dem BGH zudem Gründe der Praktikabilität und Rechtssicherheit sowie Sinn und Zweck der Bestimmung, nicht mietvertraglich geregelte Nutzungsverhältnisse nach Möglichkeit zu vermeiden. Belange des Kindeswohls stünden dem nicht entgegen, weil der Zeitraum von einem Jahr ab Rechtskraft der Scheidung jedenfalls ausreichend sei, um eine Wohnungsüberlassung zu beantragen. Schließlich trage eine klare zeitliche Grenze dem Umstand Rechnung, dass sich die Rechtfertigung des mit § 1568a BGB verbundenen Eingriffs in das Eigentumsgrundrecht des anderen Ehegatten aus der Funktion der Wohnung als Lebensmittelpunkt der Familie ableitet.

Jahresfrist in konkretem Fall längst abgelaufen

Im vorliegenden Fall sei die Jahresfrist längst abgelaufen, ohne dass die Antragsgegnerin Ansprüche aus § 1568a BGB gerichtlich geltend gemacht habe. Da ihr auch nicht aus anderen Gründen, etwa einer sonstigen Vereinbarung zwischen den Beteiligten, ein Recht zum Besitz an der Wohnung zustehe, sei sie nach § 985 BGB zur Herausgabe der Wohnung verpflichtet.

BGH, Beschluss vom 10.03.2021 - XII ZB 243/20

Redaktion beck-aktuell, 10. März 2021.