Geschäftsmodell zur Vermeidung der EEG-Umlagepflicht gescheitert
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© Sophia Kembowski / dpa

Der Bundesgerichtshof hat mit einem Urteil vom 03.03.2020 dem Modell der Care-Energy Gruppe eine klare Absage erteilt: Schaffen Stromversorgungsunternehmen gemeinsam eine Sach- und Rechtslage, bei der unklar ist, welches Unternehmen die EEG-Umlage zu zahlen hat, kann der Übertragungsnetzbetreiber jedes beteiligte Unternehmen gesamtschuldnerisch in Anspruch nehmen. Die Richter widersprachen der Vorinstanz, soweit diese die Klage gegen eine Gesellschaft der Gruppe abgewiesen hatte.

Stromlieferung als Bereitstellung von Nutzenergie bezeichnet

Die Care-Energy Holding besaß drei Unternehmen: Eines schloss mit dem Endverbraucher einen Vertrag, wonach es ihn mit sogenannter Nutzenergie in Form von Licht, Wärme usw. belieferte (Vertragspartner des Verbrauchers). Die dritte Gesellschaft (Hausnetzbetreiberin) belieferte den Endkunden als Erfüllungsgehilfin des Schwesterunternehmens mit "Nutzenergie" und betrieb in seinem Haushalt ein Energienetz, welches den Strom in Nutzenergie umwandelte. Sie bezog ihren Strom von der zweiten Firma der Holding (Stromlieferantin). Hintergrund war die Idee, dass zwischen dem Endkunden und dem Stromlieferanten ein Hausnetzbetreiber steht, so dass keine der Firmen Strom an den Letztverbraucher liefert. Damit, so die Idee der Holding, müsste keine der Firmen die EEG-Umlage leisten.

Netzbetreiberin fordert EEG-Umlage ein

Die Klägerin verlangte unter anderem von der ersten und zweiten Gesellschaft als Gesamtschuldner die EEG-Umlage in Höhe von rund 17 Millionen Euro. Die dritte Gesellschaft trat dem Verfahren als Streithelferin der Beklagten bei. Im Lauf des Verfahrens wurde die Vertragspartnerin des Endverbrauchers im Handelsregister gelöscht und die Stromlieferantin insolvent. Daher forderte die Netzbetreiberin nunmehr die Feststellung der gegen die Schuldnerin geltend gemachten Forderung zur Insolvenztabelle.

Vertragspflichten entscheidend, nicht die Bezeichnung derselben

Die Vertragspartnerin des Endverbrauchers sei umlagepflichtig, weil sie aus Sicht des Endkunden tatsächlich den Strom geliefert habe, entschied nun der XIII. Zivilsenat. Eine andere Bezeichnung der Vertragspflicht etwa als "Bereitstellung von Nutzenergie" spiele hingegen keine Rolle. Darüber hinaus sei auch die Schuldnerin in Anspruch zu nehmen, denn sie hatte sich ebenfalls verpflichtet, den Haushalt des Endkunden mit Strom zu beliefern. Der Netzbetreiber, der keinen Einblick in die Verträge mit den Endverbrauchern habe, dürfe erwarten, dass der Schuldner der EEG-Umlage feststehe. 

BGH hat keine Bedenken gegen EEG-Umlagepflicht

Sei das nicht der Fall, weil die Stromlieferanten ein Geschäftsmodell schafften, das die Bestimmung des Schuldners gerade verhindern solle, sei dem Kläger das Recht zuzubilligen, jedes Unternehmen als Stromlieferanten in Anspruch zu nehmen. Die Beklagten konnten auch mit verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken nicht durchdringen – die EEG-Umlagepflicht verstoße weder gegen die Grundsätze der Finanzverfassung nach Art. 105 GG, noch stelle sie eine unzulässige staatliche Beihilfe dar, so der Bundesgerichtshof.

Bewährungsprobe für neuen Senat

Der XIII. Zivilsenat wurde erst zum 01.09.2019 neu gebildet. Der erste Vorsitzende Peter Meier-Beck begrüßte die Einrichtung des XIII. Senats im Autorengespräch mit dem Beck-Verlag als notwendige Schaffung eines "Vollzeitsenats" für Kartellsachen. Vorher arbeiteten die Richter neben ihrer Tätigkeit für den Spezialsenat für Kartellsachen verteilt in den anderen Senaten mit. Zu den Aufgaben gehört auch die Entscheidung von Fällen zum EEG.

BGH, Urteil vom 03.03.2020 - XIII ZR 6/19

Redaktion beck-aktuell, 2. Juli 2020.