"Gesamtstrafenbildung" einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit ausländischer Strafe

Bei einer Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe kann eine ausländische Strafe nicht strafmildernd berücksichtigt werden. Der Nachteilsausgleich kann in einem solchen Fall erst auf der Vollstreckungsebene erfolgen. Das hat der Bundesgerichtshof am 23.04.2020 beschlossen.

Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe mit besonders schwerer Schuld

Die Angeklagten waren zu sechst in ein Einfamilienhaus eingebrochen. Sie verletzten die Bewohner des Hauses lebensgefährlich und sperrten sie anschließend in eine Speisekammer. Die Beute betrug rund 5.000 Euro. Als die Opfer erst drei Tage später befreit wurden, war eines der beiden verstorben. Das Landgericht München II verurteilte die Täter zu lebenslangen Freiheitsstrafen und stellte die besondere Schwere der Schuld fest. Dabei berücksichtigte es nicht strafmildernd, dass die Rumänen 2016 bereits in Österreich zu langjährigen Freiheitsstrafen wegen gleichartiger Taten verurteilt worden waren. Hiergegen wehrten sich die Verurteilten vergeblich vor dem Bundesgerichtshof.

Nachteilsausgleich bei Vorliegen der Voraussetzungen zur Gesamtstrafenbildung

Grundsätzlich müssen dem BGH zufolge Verurteilungen in einem anderen Mitgliedsstaat genauso bei der Strafzumessung berücksichtigt werden wie inländische Sanktionen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 54, 55 StGB müsse der Nachteil der wegen der Souveränität fremder Staaten unterbliebenen Gesamtstrafenbildung ausgeglichen werden. Auch nach europäischem Recht solle der Täter durch den Zufall gemeinsamer oder getrennter Aburteilung weder besser noch schlechter gestellt werden.

Sonderfall: Lebenslange Freiheitsstrafe mit besonderer Schuldschwere

Im hier vorliegenden Fall könne ein Nachteil nur auf der Strafvollstreckungsebene berücksichtigt werden, erklärte der 1. Strafsenat. Werde – wie hier – zuerst die deutsche Strafe in Deutschland vollstreckt, sei es nur möglich, anschließend die Auslieferung nach Österreich zu veranlassen, damit dort der Nachteil der hier verbüßten Freiheitsstrafe ausgeglichen werde. Schließlich ist Österreich ebenfalls Mitglied der Europäischen Union und damit zum Nachteilsausgleich verpflichtet.

BGH, Beschluss vom 23.04.2020 - 1 StR 406/19

Redaktion beck-aktuell, 21. August 2020.