Berufungsgericht trifft Überraschungsentscheidung
Der private Krankenversicherer begehrte von dem beklagten Krankenhausträger Erstattung von Umsatzsteuerbeträgen, die für die Lieferung ambulant verabreichter Krebsmedikamente gezahlt worden waren. Seit einer Entscheidung des BFH aus dem Jahr 2014 stand die Umsatzsteuerfreiheit der in der Krankenhausapotheke hergestellten Medikamente fest. Das LG wies die Klage ab. Während des Berufungsverfahrens ergingen mehrere Entscheidungen des BGH, mit welchen das Gericht versuchte im Weg der ergänzenden Vertragsauslegung einen Ausgleich der Interessen in dieser Fallgestaltung zu finden. Der Vertreter der Versicherung wies das Berufungsgericht auch ausdrücklich auf die Entscheidungen hin. Das OLG Frankfurt a. M. folgte in seinem Urteil dieser Rechtsprechung jedoch nicht – ohne dem Versicherer einen Hinweis zu geben oder ihm ausreichend Gelegenheit zur Stellungsnehme zu geben.
BGH: Anspruch auf rechtliches Gehör wurde verletzt
Die Sache wurde an einen anderen Senat des OLG zurückverwiesen. Dabei fand der BGH deutliche Worte der Kritik für die Überraschungsentscheidung. Die Bundesrichter hielten dem Oberlandesgericht vor, die Rechtsprechung des Senats zur ergänzenden Vertragsauslegung in dieser Konstellation nur unzureichend erfasst zu haben. Deshalb habe es die unvollständigen Feststellungen des Landgerichts für abschließend erachtet und den Sachverhalt nicht weiter geklärt. Damit habe auch ein "kundiger und gewissenhafter Prozessbeteiligter" nicht rechnen können – insbesondere wenn er das Gericht ausdrücklich noch auf die Entscheidungen des BGH hingewiesen habe.