Streit um Bemessung des Verdienstausfallschadens
Ein Informatiker lag im Streit mit seiner Ärztin wegen der Bemessung des Verdienstausfallschadens, den er aufgrund eines ärztlichen Behandlungsfehlers erlitten hatte. Das LG Itzehoe verurteilte die Medizinerin zur Zahlung von 273.235 Euro. Mit der Summe war er nicht einverstanden und verlangte beim OLG Schleswig mehr Geld (281.640 Euro). In seiner Stellungnahme zu dessen Hinweisbeschluss hatte der IT-Fachmann vergeblich auf die Ausführungen des Sachverständigen vor dem LG verwiesen, wonach das Gehalt einer angestellten IT-Fachkraft zunächst für eine zu erwartende Probezeit von sechs Monaten um zehn Prozent reduziert gewesen wäre, der Abschlag aber mit einiger Sicherheit nach sechs Monaten weggefallen wäre. Sein Anliegen dort scheiterte, ohne dass sein Vortrag berücksichtigt wurde. Der Datenverarbeiter hätte als angestellte IT-Fachkraft monatlich im Durchschnitt 3.920 Euro brutto und als selbstständiger IT-Spezialist ein monatliches Einkommen von 4.620 Euro erzielen können. Für die Bemessung des Verdienstausfallschadens sei vom Mittelwert von monatlich 4.270 Euro auszugehen, so die Begründung. Die Revision ließ das OLG nicht zu. Die Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH hatte vorerst Erfolg.
Wesentlicher Vortrag übergangen
Die Bundesrichter hielten dem OLG vor, unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG mit der Annahme des durchschnittlichen Bruttoverdiensts einer angestellten IT-Fachkraft von 3.920 Euro wesentlichen Vortrag des Computerspezialisten übergangen zu haben. Gerichte seien zwar nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen einer Partei ausdrücklich auseinanderzusetzen. Auf seine Argumente zu den Ausführungen des Sachverständigen und dem Wegfall des Probezeit-Abschlags sei das OLG bei seiner Entscheidung aber überhaupt nicht eingegangen. Es habe bei seiner Gehaltsschätzung sieben Jahre lang (von Januar 2012 bis Juli 2019) das um zehn Prozent reduzierte Gehalt für den gesamten Zeitraum zugrunde gelegt. Wäre der Abschlag nach etwa sechs Monaten entfallen, hätte sich das monatliche Bruttoeinkommen ab etwa Juli 2012 auf 4.355 Euro belaufen, so dass ab dann auch von einem höheren Mittelwert aus den beiden Verdienstoptionen auszugehen gewesen wäre. Der BGH verwies die Sache daher an das OLG zurück. Es habe zudem über den Berichtigungsantrag der Beklagten hinsichtlich des Feststellungsausspruchs (Haftung der Beklagten als Gesamtschuldner) zu entscheiden.