Zwei Verkäufer hatten ein mit einem Flachdachhaus inklusive Garage bebautes Grundstück für 661.000 Euro veräußert – so wie vom Käufer "besichtigt", "in seinem derzeitigen gebrauchten und altersbedingten Zustand". Laut Vertrag hatten sie sich dazu verpflichtet, Mängel an der Verkleidung des Oberlichtes sowie einen Wasserschaden im Bereich der so genannten Attika, die das Dach des Wohngebäudes umrandet, fachgerecht auf ihre Kosten zu beheben. Ob sie die Arbeiten durchführen ließen, war umstritten. Unstreitig war jedoch, dass keine komplette Dachsanierung erfolgt war. Etwa ein halbes Jahr nach dem Kauf lief nach Regenfällen Wasser durch das Dach in die Attika.
Nach Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen einen der Verkäufer ließ der Käufer die gesamte Dachfläche sanieren. Die Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 118.094 Euro machte er gerichtlich gegen beide Vertragspartner geltend. Die Verkäufer beantragten in der zweiten Instanz mehrfach die Anhörung des Sachverständigen aus dem Beweisverfahren. Das OLG ignorierte das und ließ die Revision nicht zu. Dagegen wandte sich das Verkäufer-Duo mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
Der V. Zivilsenat des BGH (Beschluss vom 28.09.2023 – V ZR 3/23) rüffelte das OLG Schleswig: Indem die Schleswiger Richterinnen und Richter den Sachverständigen aus dem Beweisverfahren nicht mündlich anhörten, obwohl die Verkäufer seine Vernehmung ("sachverständiges Zeugnis") beantragt hatten, verstießen sie, so der BGH, gegen ihre Pflicht zur Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Eine derartige Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstoße gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
BGH: Erhebliches Beweisangebot nicht berücksichtigt
Der Antrag der Verkäufer sei dabei dahingehend auszulegen, dass sie die Anhörung des Sachverständigen nach § 411 Abs. 3 ZPO beantragten, damit dieser die zur Beseitigung des Wasserschadens erforderlichen Maßnahmen und die damit verbundenen Kosten auf ihre Einwendungen hin überprüft und erläutert. Eine Anhörung des Experten dürfe auch nicht dann unterbleiben, wenn das Gericht – wie hier – das schriftliche Gutachten für überzeugend halte und keinen weiteren Erläuterungsbedarf sehe – ansonsten liege eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung vor.
Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass das Gutachten nicht im Hauptsacheprozess, sondern in einem selbständigen Beweisverfahren erstattet worden war. Nach § 493 Abs. 1 ZPO gelte das Gutachten gegenüber dem am selbstständigen Beweisverfahren beteiligten Vertragspartner als im Hauptsachverfahren erstattet. Gegenüber seinem Kompagnon könne das Gutachten nach § 411a ZPO verwertet werden.