Forderung nicht individualisiert
Eine Bauunternehmerin verlangte von der Bundesrepublik Deutschland restlichen Werklohn für Renovierungsarbeiten an einer Kindertagesstätte von rund 677.000 Euro. Die Bundesrepublik hatte sie im Sommer 2010 mit den Arbeiten beauftragt. Das Auftragsschreiben enthielt den Hinweis, auf der Rechnung sei die Auftragsnummer anzugeben. Nach Beendigung der Baumaßnahme Anfang 2013 erstellte die Unternehmerin im Herbst 2013 ihre Schlussrechnung. Die Auftraggeberin kürzte die Rechnungssumme. Ende 2016 beantragte die Firma deshalb den Erlass eines Mahnbescheids. Die Hauptforderung hatte sie mit "Werkvertrag/Werklieferungsvertrag gemäß Restforderung aus Schlussrechnung" bezeichnet und ihre Rechnungsnummer angegeben. Das Bauamt teilte ihr mit, dass die Forderung aus dem Mahnbescheid ohne Nennung der Baumaßnahme nicht zugeordnet werden könne. Der Bund legte gegen diesen Widerspruch ein und berief sich auf die Verjährung der Forderung.
Klage gegen die Bundesrepublik
Das LG Mainz folgte dem und wies die Klage der Firma ab. Das OLG Koblenz teilte ihr mit, dass eine Verwerfung der Berufung beabsichtigt sei, und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Nunmehr traten die früheren Anwälte der Bauunternehmerin dem Rechtsstreit bei. Einer von ihnen trug vor, er habe Ende 2016 die Referentin des Bauamts per E-Mail über den beantragten Mahnbescheid informiert. Die Baufirma teilte mit, erst durch diesen Schriftsatz von der Mail erfahren zu haben. Ihre Berufung hatte vor dem OLG Koblenz gleichwohl keinen Erfolg: Sie hätte, so die Richter, bereits im Mahnantrag den Anspruch so individualisieren müssen, dass die konkrete Forderung daraus unmittelbar hätte erkennbar sein müssen. Das Problem lasse sich auch nicht mit der E-Mail des Anwalts beheben.
BGH: Verletzung rechtlichen Gehörs
Der BGH verwies die Sache an das OLG zurück. Aus Sicht der Karlsruher Richter hat das Berufungsgericht den Kerngehalt des anwaltlichen Vortrags zu einer zentralen Frage des Rechtsstreits nicht beachtet. Der Senat wirft dem OLG vor, die E-Mail an die Referentin trotz des Erfordernisses der "unmittelbaren Erkennbarkeit" ohne Begründung als rechtlich unerheblich bewertet zu haben. Es habe allenfalls den äußeren Wortlaut der E-Mail, aber nicht den Sinn des Vortrags erfasst. Die Angaben im Mahnbescheid hätten den Erfordernissen der Rechtsprechung des BGH zur Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB entsprochen. Danach sei die Mitarbeiterin der Behörde für sämtliche Streitigkeiten zwischen den Parteien zuständig gewesen. Dies habe sie in die Lage versetzt, die im Mahnbescheid bezeichnete Forderung unmittelbar zuzuordnen. Unter diesem Gesichtspunkt müssen die Koblenzer Richter nunmehr die Hemmung der Verjährung erneut prüfen.