BGH: 15-Minuten-Zeittakt in Vergütungsklausel eines Anwalts gegenüber Verbrauchern unwirksam

Die formularmäßige Vereinbarung eines 15-Minuten-Taktes in anwaltlichen Vergütungsvereinbarungen ist jedenfalls im Rechtsverkehr mit Verbrauchern wegen unangemessener Benachteiligung gemäß § 307 BGB unwirksam. Dies hat der Bundesgerichtshof mit jetzt veröffentlichtem Urteil vom 13.02.2020 entschieden. Zudem erklärte er eine Klausel für unwirksam, die mindestens das Dreifache der gesetzlichen Vergütung vorsah, wobei zugleich eine Erhöhung des Gegenstandswertes vereinbart war und das Mandat die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Mandanten betraf (Az.: IX ZR 140/19, BeckRS 2020, 4566).

Anwaltliche AGB enthielten Dreifach-Mindestvergütungsklausel und 15-Minuten-Zeittaktklausel

In dem Fall aus München hatte ein Fachanwalt für einen Arbeitnehmer über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags verhandelt. In der vorformulierten Vergütungsvereinbarung war unter anderem geregelt, dass die Abrechnung des Zeitaufwandes im 15-Minuten-Takt erfolgt und für angefangene 15 Minuten jeweils ein Viertel des Stundensatzes berechnet wird. Ferner sah die Vereinbarung vor, dass der Mandant in allen Fällen - Beratung, außergerichtliche und gerichtliche Vertretung - mindestens das Dreifache der gesetzlichen Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz schuldet und zudem eine Abfindung dem Gegenstandswert hinzugerechnet wird. Der Anwalt handelte einen Abwicklungsvertrag aus, nach dem der Mandant eine Abfindung von 10.000 Euro brutto und ein wohlwollendes Zeugnis bekommen sollte. Er verrechnete die Abfindung mit seiner Honorarforderung von knapp 11.300 Euro. Der Mandant verlangte seine Abfindung. Die Vorinstanzen gaben der Klage weitgehend statt. Dagegen legte der Anwalt Revision ein.

BGH: Dreifach-Mindestvergütungsklausel hier unangemessen benachteiligend

Die Revision blieb ohne Erfolg. Der Beklagte könne nur mit einer Vergütungsforderung von 1.541,45 Euro aufrechnen, so der BGH. Die Mindestvergütungsklausel sei gemäß § 307 BGB unwirksam. Denn eine formularmäßige Vergütungsvereinbarung, die eine Mindestvergütung des Rechtsanwalts in Höhe des Dreifachen der gesetzlichen Vergütung vorsehe, benachteilige jedenfalls im Rechtsverkehr mit Verbrauchern den Mandanten unangemessen, wenn das Mandat die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Mandanten betrifft und die Vergütungsvereinbarung zusätzlich eine Erhöhung des Gegenstandswertes um die Abfindung vorsieht. Die Vereinbarung diene einseitig, ohne jede Rücksicht auf die Interessen des Mandanten, der Optimierung der Anwaltsvergütung, rügte der BGH.

15-Minuten-Zeittaktklausel gegenüber Verbrauchern unangemessen benachteiligend

Der BGH beanstandete auch die Zeittaktklausel. Die formularmäßige Vereinbarung eines Fünfzehn-Minuten-Taktes sei jedenfalls im Rechtsverkehr mit Verbrauchern wegen unangemessener Benachteiligung gemäß § 307 BGB unwirksam, entschied er jetzt. Ein Zeittakt von fünfzehn Minuten, der auch durch die belanglosesten Tätigkeiten des Rechtsanwalts ausgelöst werde und beliebig oft angewendet werden könne, sei keinesfalls gerechtfertigt. Sie würde es dem Rechtsanwalt zum Beispiel ermöglichen, die auch nur flüchtige Durchsicht des E-Mail-Eingangsfachs in jeder Angelegenheit, in der eine E-Mail eingegangen sei, mit einem Viertel des vereinbarten Stundensatzes in Ansatz zu bringen. Auch Unterbrechungen, die ohne äußeren Anlass auf der eigenen Entschließung des Anwalts beruhten, könnten den Zeittakt neu beginnen lassen und zu einer Vervielfachung der Vergütung führen. Der Beklagte könne im Ergebnis nur den tatsächlichen, minutengenau berechneten Aufwand zu dem vereinbarten Stundensatz von 290 Euro netto abrechnen.

BGH, Urteil vom 13.02.2020 - IX ZR 140/19

Redaktion beck-aktuell, 31. März 2020.