Ein Rechtsanwalt hatte für die Beklagtenseite in einer Darlehenssache eine erste Fristverlängerung beim OLG Stuttgart bis zum 22.03.2023 beantragt, ohne diese zu begründen. Daraufhin verfügte das Gericht noch am selben Tag eine Frist zur unverzüglichen Begründung mit Hinweis auf § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO. Versehentlich wurde dem Anwalt nur das Begleitschreiben per beA zugestellt. Darin hieß es: "Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt […], anliegende Dokumente werden Ihnen elektronisch übermittelt." Nachdem in den darauffolgenden Tagen keine Reaktion des Juristen kam, verwarf das OLG die Berufung. Der Anwalt hatte auch nicht nachgefragt, was aus seinem Fristverlängerungsantrag geworden war.
Am 13.03.2023 beantragte er Wiedereinsetzung und erneut Fristverlängerung. Er verteidigte die Verspätung mit einer Arbeitsüberlastung infolge seiner Corona-Erkrankung. Zudem hätte er hier darauf vertrauen dürfen, dass ein anderer dortiger OLG-Senat in einem Verfahren mit gleichlautendem Antrag die Begründungsfrist verlängert hätte. Am 22.03.2023 reichte er die Begründung nach. Beim OLG scheiterte er damit.
Kein Vertrauen ohne Begründung
Auch der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs lehnte ab und verwarf die Rechtsbeschwerde als unzulässig (Beschluss vom 14.11.2023 – XI ZB 10/23). Man könne zwar auf die erste Fristverlängerung vertrauen, aber nur dann, wenn man eine Begründung mitliefert. Insofern war der Fehler des Gerichts, nur das Begleitschreiben, nicht aber die Verfügung zu versenden, unschädlich.
Nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO, so der Bankensenat, wäre der Anwalt verpflichtet gewesen, einen erheblichen Grund anzugeben. Das Vorliegen eines solchen Grundes als Ursache des Antrags könne nicht unterstellt werden. Daher durfte der Anwalt insbesondere nicht darauf vertrauen, dass das OLG die beantragte Fristverlängerung gewähren werde, sondern wäre gehalten gewesen, sich durch Nachfrage beim Gericht zu vergewissern.
Eine gerichtliche Übung, wonach Begründungen bei ersten Anträgen nicht verlangt würden, sei nicht belegt. Der Anwalt habe, so der BGH weiter, schon nicht behauptet, dass dies der Praxis des Vorsitzenden des zuständigen Senats entspreche. Selbst wenn andere Senate des OLG Stuttgart so verfahren sollten, reiche dies für die Begründung einer gerichtlichen Übung nicht aus.