Fristenüberwachung und kein Ende

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 18.06.2020 wiederum die Ablehnung einer Wiedereinsetzung wegen fehlerhafter Kanzleiorganisation bestätigt: Übernehme der Anwalt die Fristenkontrolle zwischenzeitlich durch Bearbeitung der Sache selbst, müsse er bei Rückführung der Akte in den Kanzleibetrieb sicherstellen, dass die Verantwortung für die Einhaltung der Frist wieder bei seinem Personal liege. Ein Missverständnis gehe zu seinen Lasten.

Berufungsfrist versäumt

Die in Karlsruhe gescheiterten Prozessvertreter ließen jede Frist mit Vorfrist von ihren Angestellten in den elektronisch geführten Kalender eintragen. Auch entwarfen sie die streitgegenständliche Berufungsschrift und speisten sie in das Anwaltsprogramm ein. Nach Abstimmung mit dem Mandanten sollte die Berufung bei Gericht eingereicht werden. Die zuständige Rechtsanwaltsfachangestellte war davon ausgegangen, dass sie noch eine ausdrückliche Anweisung erhalten würde, den Schriftsatz auszufertigen und zu versenden. Am Tag des Fristablaufs kontrollierte das Personal den Kalender versehentlich nicht, und die Berufungsfrist wurde versäumt. Der Wiedereinsetzungsantrag des Anwalts wurde abgelehnt und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen erhob er Rechtsbeschwerde.

Verantwortungswechsel vorgenommen

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg: Eine Übertragung der Fristenkontrolle auf das Büropersonal sei erlaubt, wenn der Anwalt seine Kanzlei einwandfrei organisiert, sein Personal sorgfältig auswählt und die Einhaltung der Fristen selbst stichprobenartig kontrolliert, so der BGH. Wenn die Angestellte hier annehme, dass ihr nach Rücksprache mit dem Mandanten noch eine gesonderte Versandanweisung erteilt würde, sehe sie die Verantwortung für die Einhaltung der Frist zu diesem Zeitpunkt bei ihrem Arbeitgeber. Eine Rückübertragung müsse durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass die Mitarbeiterin die Fristenüberwachung auch tatsächlich wieder übernehme. Dieser Anwaltsfehler werde nach § 85 Abs. 2 ZPO der Partei zugerechnet. Die mangelhafte Kontrolle des Kalenders am Tag des Fristablaufs hingegen sei nicht ursächlich für die Säumnis gewesen.

BGH, Beschluss vom 18.06.2020 - IX ZB 17/18

Redaktion beck-aktuell, 6. Juli 2020.