Fristbeginn bei unrichtigem Empfangsbekenntnis

Weist das Empfangsbekenntnis eines Anwalts ein unrichtiges Datum aus, kann er den tatsächlichen Zugang nachweisen. Für den Lauf der Begründungsfrist ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Erhalts des Urteils abzustellen. Dieser müsse aber nachgewiesen werden. Hierzu könnten unter anderem Auszüge aus dem Fristenkalender vorgelegt werden.

Falsches Datum

Das Landgericht Berlin hatte einen Angeklagten am 07.12.2020 wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Das Urteil wurde seinem Verteidiger am 15.02.2021 zugestellt. Dieser hatte auf dem Empfangsbekenntnis fälschlicherweise den 12.02.2021 vermerkt. Die Revisionsbegründung ging beim Landgericht am 15.03.2021 – am eigentlich letzten Tag der Monatsfrist – ein. Das Gericht verwarf das Rechtsmittel als unzulässig, da die auf Basis des Empfangsbekenntnisses berechnete Monatsfrist des § 345 Abs. 1 StPO nicht gewahrt worden sei. Drei Tage nach Zustellung des Beschlusses stellte der Angeklagte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und beantragte gerichtliche Entscheidung nach § 346 Abs. 2 Satz 1 StPO. Der Anwalt legte seinen Fehler dar. Die Revision war erfolglos, aber zulässig.

Von der Richtigkeit des tatsächlichen Erhalts überzeugt

Der 5. Strafsenat glaubte dem Verteidiger, dass er das Urteil erst am 15.02.2021 erhalten hatte. Entscheidend für den Beginn der Frist sei der Zeitpunkt des tatsächlichen Erhalts der Urteilsabschrift. Das sei entsprechend dem berichtigten Datum erst drei Tage später der Fall gewesen. Aus Sicht des Generalbundesanwalts – dessen Überlegungen sich die BGH-Richter anschlossen – sprach für den Vortrag des Juristen, dass er mithilfe eines Auszugs aus seinem Fristenkalender belegen konnte, dass dort jeweils der 15. des Monats für Fristbeginn und –ende eingetragen worden sei. Auch habe er die Umstände des Zugangs näher dargelegt und versichert. Zudem sei das Empfangsbekenntnis ausweislich des Übertragungsvermerks am Kopf des Fax-Ausdrucks erst am 15.02.2021 beim LG eingegangen. Der zugleich gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Begründungsfrist sei damit gegenstandslos. Gemeinsam mit der Entscheidung nach § 346 StPO verwarf der BGH die Revision als unbegründet: Das Urteil beruhe jedenfalls nicht auf dem Unterlassen eines möglicherweise nach § 265 Abs. 2 Nr. 3 StPO gebotenen Hinweises auf eine veränderte Sachlage.

BGH, Beschluss vom 14.09.2021 - 5 StR 164/21

Redaktion beck-aktuell, 30. September 2021.