Forderungsbeitreibung mit Schrotgewehr
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Wer eine berechtigte Forderung mit einer Schusswaffe eintreiben will, überschreitet die Grenze der Selbsthilfe und macht sich der Nötigung schuldig. Lässt sich der Geschädigte jedoch nicht einschüchtern, sondern wird Opfer eines Schusses, nachdem er die Waffe ergreifen wollte, muss dem Bundesgerichtshof zufolge weder ein Mord noch eine besonders schwere räuberische Erpressung mit Todesfolge vorliegen.

Aufrechnung mit Gewehr

Zwei Männer hatten eine Reihe von Fahrzeuggeschäften miteinander abgeschlossen. Das spätere Tatopfer dominierte seinen Vertragspartner dabei und hatte diesen in einem Fall gedemütigt. Eine Restsumme von 30.000 Euro aus einem Grundstückskauf enthielt er ihm trotz mehrfacher Mahnung ebenfalls vor. Um an sein Geld zu kommen, beschloss der andere beim Kauf des nächsten Fahrzeugs den Preis von 22.500 Euro nicht zu zahlen, sondern mit der ausstehenden Summe zu verrechnen. Er ahnte allerdings schon, dass der andere das Auto nicht so einfach übergeben würde und nahm deshalb ein Schrotgewehr mit, um die Übergabe notfalls zu erzwingen. Es kam, wie es kommen musste, die Situation geriet außer Kontrolle: Der Fahrzeugbesitzer akzeptierte die Aufrechnungserklärung nicht. Trotz vorgehaltener Waffe, selbst nach Abgabe eines Warnschusses blieb er standhaft und weigerte sich, die Papiere und Schlüssel ohne Zahlung herauszugeben. Wütend, laut und aggressiv protestierend ging er vielmehr auf den Geschäftspartner zu und wollte ihn entwaffnen. Dieser bekam Angst vor einer gewalttätigen Auseinandersetzung und gab aus nächster Nähe einen Schuss auf den Mann ab, an dem dieser verstarb. Das Landgericht Potsdam verurteilte ihn wegen Totschlags und illegalem Waffenbesitz zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Sowohl der Nebenkläger als auch die Staatsanwaltschaft erhoben Revision zum Bundesgerichtshof - mit nur marginalem Erfolg.

Schuldspruch um versuchte Nötigung ergänzt

Indem er den Fahrzeugbesitzer mit einer geladenen Schusswaffe bedrohte, um von ihm im Weg der Selbsthilfe ohne Zahlung des Kaufpreises die Papiere und Schlüssel zu erlangen, erfüllt der Täter den Leipziger Richtern zufolge zusätzlich den Tatbestand der versuchten Nötigung, weil die Tat trotz berechtigter Forderung nach § 240 Abs. 2 StGB verwerflich ist. Der Angeklagte habe sich jedoch nicht des Mordes schuldig gemacht, denn er habe weder heimtückisch noch aus Habgier oder aus niederen Beweggründen gehandelt. Auch eine besonders schwere räuberische Erpressung mit Todesfolge nach §§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 2, 251 StGB lehnt der BGH ab, weil der Täter einen fälligen Anspruch durchsetzen und sich nicht rechtswidrig bereichern wollte.

BGH, Urteil vom 15.12.2021 - 6 StR 312/21

Redaktion beck-aktuell, 7. Januar 2022.