Flugverspätung – Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten

Eine Fluggesellschaft muss ihren Gästen nach einer mindestens zweistündigen Verspätung Informationen über die ihnen zustehenden Schadensersatzansprüche aushändigen. Tut sie das nicht, muss sie die Kosten ersetzen, die durch ein erstes Anwaltsschreiben entstehen. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 01.09.2020 entschieden.

Einen Tag weniger Ferien

Ein Urlauber flog mit seiner Familie nach Kuba. Wegen Verspätung der Flüge kamen sie erst einen Tag später als geplant an. Der Passagier, der von der Fluggesellschaft nicht über seine Rechte bei Verspätung aufgeklärt worden war, beauftragte einen Rechtsanwalt, um 2.400 Euro Schadensersatz zu verlangen. Dieser forderte die Gesellschaft zunächst vergeblich außergerichtlich zum Ausgleich der Kosten auf. Erst vor dem Amtsgericht Düsseldorf erkannte das Luftverkehrsunternehmen den Anspruch an - verweigerte aber den Ersatz der Anwaltskosten, die für das erste Schreiben entstanden waren. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Düsseldorf wiesen die Klage auf Ersatz der Gebühren ab, daher wandte sich der Fluggast an den Bundesgerichtshof - mit Erfolg.

Informationspflicht der Fluggesellschaft

Beförderungsunternehmen müssen ihren Gästen bei einer Verspätung von mindestens zwei Stunden schriftliche Informationen über deren Ausgleichsrechte aushändigen (Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO). Nach Ansicht des X. Zivilsenats muss der Reisende diese Informationen auch nicht erst anfordern, sondern muss die ausführlichen Hinweise über die Voraussetzungen und Höhe der ihm grundsätzlich zustehenden Ausgleichsansprüche auf Initiative des Unternehmens erhalten. Die Hinweise haben dem Bundesgerichtshof zufolge den Zweck, den betroffenen Gast in die Lage zu versetzen, seine Ansprüche zu beurteilen und einzufordern - und das eigenständig und ohne anwaltliche Hilfe.

Folgen der Pflichtverletzung

Sei das Luftverkehrsunternehmen dieser Verpflichtung nicht oder nicht vollständig nachgekommen, sei die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe erforderlich, erklärte der BGH. In diesem Fall seien die Kosten in angemessener Höhe zu ersetzen. Eine Ausnahme davon gelte nur, wenn der Gast seine Rechte auch ohne die Hinweise kenne.

BGH, Urteil vom 01.09.2020 - X ZR 97/19

Redaktion beck-aktuell, 12. Oktober 2020.