Fehlende Zuständigkeit des Haftgerichts ist kein Beschwerdegrund

Wer sich gegen eine Freiheitsentziehung wendet, kann dies nicht damit begründen, dass das Gericht nicht zuständig gewesen sei. Dieser Einwand ist ihm laut Gesetz nicht gestattet, meint der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 24.06.2020. Eine Ausnahme von dieser Regel sei nur dann gegeben, wenn das Gericht seine Zuständigkeit willkürlich angenommen habe.

Abschiebungshäftling wurde verlegt

Dem Betroffenen wurden im November 2016 die Ablehnung seines Asylantrags und die Androhung seiner Abschiebung nach Marokko mitgeteilt. Nachdem er daraufhin untergetaucht war, wurde er zwei Jahre später in Frankfurt am Main festgenommen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beantragte beim dortigen Amtsgericht, gegen ihn Abschiebungshaft anzuordnen. Das Gericht ordnete am 01.08.2018 per einstweiliger Anordnung Abschiebungshaft bis längstens zum 15.08.2018 an. Der Marokkaner wurde am selben Tag in die JVA Hannover verlegt. Die Sicherungshaft wurde am 07.08.2018 - ebenfalls vom Amtsgericht Frankfurt a. M. - verlängert. Auf die Beschwerde des Marokkaners gab ihm das Landgericht Frankfurt a. M. nur zu einem geringen Teil Recht. Der Mann wehrte sich weiter mit der Rechtsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof, weil er der Meinung war, dass das Amtsgericht der Mainmetropole nach seiner Verlegung nach Hannover nicht mehr zuständig gewesen und deshalb die Haftverlängerungsentscheidung rechtswidrig gewesen sei.   

Unzuständigkeit des Gerichts ist kein Beschwerdegrund

Bei Freiheitsentziehung kann laut BGH ein Rechtsmittel nach den §§ 65 Abs. 4, 72 Abs. 2 FamFG nicht auf die fehlende Zuständigkeit des Haftgerichts gestützt werden - es sei denn, dieses habe seine Zuständigkeit ohne einen sachlichen Grund angenommen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten sich die Rechtsmittelgerichte nicht über mehrere Instanzen mit der Zuständigkeit beschäftigen. Es diene auch nicht der Prozessökonomie, wenn die sachliche Arbeit der vorherigen Gerichte hinfällig werde, erklärte der XIII. Zivilsenat und wies die Rechtsbeschwerde soweit ab.

Kein Entzug des gesetzlichen Richters

Die Vorschriften des FamFG verstoßen dem XIII. Zivilsenat zufolge auch nicht gegen Art. 101 Abs. 1 GG, denn dem Marokkaner ist weder der gesetzliche Richter entzogen worden, noch hat ein Ausnahmegericht über die Haftverlängerung entschieden. Eine einschränkende Auslegung der §§ 65 Abs. 4, 72 Abs. 2 FamFG sei nur bei Willkür geboten, die hier nicht vorlag.

AG Frankfurt war zuständig

Im Übrigen sei das Amtsgericht Frankfurt a. M. auch nach der Verlegung des Häftlings noch zuständig gewesen, weil der Antrag auf Abschiebungshaft, zusammen mit dem Eilantrag auf Sicherungshaft, noch zum Zeitpunkt seines Aufenthalts in Frankfurt gestellt worden war. Da das Gericht in der Hauptsache noch nicht entschieden hatte, war es automatisch auch noch für die einstweilige Anordnung zuständig, nachdem der Marokkaner nach Hannover gebracht worden war.

BGH, Beschluss vom 24.06.2020 - XIII ZB 44/19

Redaktion beck-aktuell, 3. September 2020.