Feh­len­de Si­gna­tur der Be­ru­fungs­schrift
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Für die form­wirk­sa­me elek­tro­ni­sche Er­he­bung der Be­ru­fung muss die Be­ru­fungs­schrift ent­we­der qua­li­fi­ziert si­gniert sein oder ein­fach si­gniert und dem Ge­richt auf einem der in § 130a ZPO ge­nann­ten si­che­ren Über­mitt­lungs­we­ge über­mit­telt wer­den. Der Bun­des­ge­richts­hof hat es ab­ge­lehnt, eine über das Elek­tro­ni­sche Ge­richts- und Ver­wal­tungs­post­fach (EGVP) ein­ge­reich­te Be­ru­fung, die nicht qua­li­fi­ziert si­gniert war, als form­wirk­sam an­zu­er­ken­nen. Wer an­stel­le der Rechts­mit­tel­schrift selbst nur die An­la­ge qua­li­fi­ziert si­gnie­re, habe nicht wirk­sam Be­ru­fung ein­ge­legt. 

Statt Be­ru­fungs­schrift selbst nur An­la­ge qua­li­fi­ziert si­gniert

In einem vor Ge­richt aus­ge­tra­ge­nen Streit um An­sprü­che in Höhe von rund 15.000 Euro aus einem Grund­stücks­kauf­ver­trag woll­te die un­ter­le­ge­ne Par­tei Be­ru­fung ein­le­gen. Deren Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ter ver­sand­te zwei Tage vor Ab­lauf der Be­ru­fungs­frist die Be­ru­fungs­schrift, die keine qua­li­fi­zier­te Si­gna­tur ent­hielt, über das EGVP. Si­gniert war le­dig­lich das erst­in­stanz­li­che Ur­teil, das er als se­pa­ra­te pdf-Datei in der An­la­ge mit­über­mit­tel­te. Das Ober­lan­des­ge­richt Ol­den­burg ver­warf die Be­ru­fung als un­zu­läs­sig.

Qua­li­fi­zier­te Si­gna­tur oder si­che­rer Über­mitt­lungs­weg er­for­der­lich

Die Rechts­be­schwer­de hatte kei­nen Er­folg. Der BGH ver­warf sie als un­zu­läs­sig, weil die Ent­schei­dung der strei­ti­gen Frage weder für die Rechts­ein­heit not­wen­dig noch von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung sei, § 574 Abs. 2 ZPO. Der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te habe die Be­ru­fung nicht form­ge­recht ein­ge­reicht, des­halb sei sie als un­zu­läs­sig zu ver­wer­fen ge­we­sen, be­stä­tigt der V. Zi­vil­se­nat die Vor­in­stanz. Das elek­tro­ni­sche Do­ku­ment müsse ent­we­der nach § 130a Abs. 3 Satz 1 Fall 1 ZPO mit einer qua­li­fi­zier­ten elek­tro­ni­schen Si­gna­tur der ver­ant­wort­li­chen Per­son ver­se­hen wer­den oder ein­fach si­gniert und auf einem si­che­ren Über­mitt­lungs­weg nach § 130a Abs. 3 Satz 1 Fall 2 ZPO ein­ge­reicht wer­den. Nur dann ist laut den Karls­ru­her Rich­tern ge­währ­leis­tet, dass der Ur­he­ber des Do­ku­ments ein­deu­tig iden­ti­fi­zier­bar und die Ein­rei­chung des Do­ku­ments auch ge­wollt ist. Die An­la­gen hin­ge­gen müss­ten nicht si­gniert wer­den.

An­la­ge mit qua­li­fi­zier­ter Si­gna­tur nicht aus­rei­chend

Den Ein­wand, es müsse doch ge­nü­gen, dass die An­la­ge, die zu­sam­men mit der Be­ru­fungs­schrift eine "ge­woll­te Ein­heit" bilde, mit einer qua­li­fi­zier­ten Si­gna­tur ver­se­hen war, lie­ßen die Bun­des­rich­ter nicht gel­ten. Zwar habe in Pa­pier­zei­ten ge­gol­ten, dass die Un­ter­schrift ent­behr­lich war, wenn die Be­ru­fungs­schrift fest mit dem un­ter­schrie­be­nen An­schrei­ben ver­bun­den war ("Paket"). Ein sol­cher Ver­gleich hinke aber. Denn die An­la­ge lasse sich über das EGVP un­ab­hän­gig von der Be­ru­fungs­schrift ver­sen­den, so­dass der Ur­he­ber des Schrift­sat­zes eben nicht ein­deu­tig fest­ste­he und auch nicht, ob die Ver­sen­dung mit Wis­sen und Wil­len des Ver­ant­wort­li­chen er­folgt sei. Selbst eine Con­tai­ner­si­gna­tur sei seit 2018 nicht mehr mit § 130a ZPO ver­ein­bar.

Kein Ver­schul­den des Ge­richts

Die Säum­nis habe der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te auch selbst zu ver­ant­wor­ten. Er kann dem BGH zu­fol­ge nicht das Ge­richt für den Feh­ler ver­ant­wort­lich ma­chen: Zwar sei die Datei zwei Tage vor Frist­ab­lauf bei Ge­richt ein­ge­gan­gen. Die­ses müsse bei Be­ar­bei­tung des Ein­gangs aber nicht so­fort auf die Form- und Fris­ter­for­der­nis­se ach­ten, son­dern könne diese im nor­ma­len Ge­schäfts­gang be­ar­bei­ten. Erst dann sei es ge­hal­ten, die Par­tei auf Feh­ler auf­merk­sam zu ma­chen und ihr ge­ge­be­nen­falls noch Ge­le­gen­heit zu geben, den Feh­ler vor Frist­ab­lauf zu be­he­ben. § 130a Abs. 6 Satz 1 ZPO, wo­nach dem Ab­sen­der mit­zu­tei­len ist, wenn die Datei für die Be­ar­bei­tung un­ge­eig­net ist, gilt laut den Karls­ru­her Rich­tern nicht für das Feh­len der Si­gna­tur. Das Ver­schul­den liege also al­lein beim Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten, so­dass ihm auch keine Wie­der­ein­set­zung in den vo­ri­gen Stand zu ge­wäh­ren sei. 

BGH, Beschluss vom 19.01.2023 - V ZB 28/22

Redaktion beck-aktuell, 22. Februar 2023.

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