Trotz falscher Rechtsbehelfsbelehrung: Anwälte müssen das beA nutzen - auch im Familienrecht
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Rechtsanwälte müssen auch sofortige Be­schwer­den in Fa­mi­li­en­sa­chen, wenn sie diese schriftlich einreichen, seit dem 01.01.2022 elek­tro­nisch über das be­son­de­re elek­tro­ni­sche An­walts­post­fach über­mit­teln. Dass eine Rechtsbehelfsbelehrung des Gerichts Ende 2021 darauf nicht hinwies, verhalf einer Anwältin nicht zur Wiedereinsetzung: Anwälte haben seit 2022 zu wissen, dass sie das beA nutzen müssen.

Ein Vater stellte im Jahr 2021 in einem Sorgerechtsstreit vor dem Amtsgericht in Gießen ein Ablehnungsgesuch gegen die Richterin. Der ablehnende Beschluss wurde seiner Anwältin Ende Dezember 2021 zugestellt, die im Januar innerhalb der Frist Beschwerde per Telefax und mit normalem Brief einlegte.

Auf einen Hinweis des OLG im Februar hin übermittelte sie die sofortige Beschwerde nach Ablauf der Beschwerdefrist noch einmal über das beA und beantragte die Wiedereinsetzung: Die Rechtsbehelfsbelehrung zu dem Ablehnungsbeschluss habe nicht darauf hingewiesen, dass das Rechtsmittel ab Anfang 2022 als elektronisches Dokument einzulegen sei. Ebenso wie vor dem OLG, das die Anwältin auf die Nutzungspflicht nach § 14 b Abs. 1 FamFG verwies, hatte sie damit auch vor dem BGH keinen Erfolg.

Aktive Nutzungspflicht für sämtliche Anwaltsschriftsätze seit 2022

Seit dem 01.01.2022 sind Rechtsanwälte verpflichtet, in der Kommunikation mit Gerichten das besondere elektronische Anwaltspostfach zu benutzen. Auch § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG konstituiert die Pflicht für Rechtsanwälte, ihre schriftlich einzureichenden Anträge – in Familiensachen – als elektronisches Dokument zu übermitteln.

Der für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH verweist auf seine zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung zu familienrechtlichen Beschwerden nach § 64 Abs. 2 S. 1 FamFG und stellt klar, dass auch in Beschwerdeverfahren, die sich aufgrund einer Verweisung (hier § 6 Abs. 2 FamFG) nach den Vorschriften der ZPO richten, die Beschwerde elektronisch einzureichen ist.

Der Einwand des Vaters, die Rechtsbehelfsbelehrung sei unvollständig, berücksichtigt der BGH nicht. Von einer Rechtsanwältin könne erwartet werden, dass sie (selbst) die Voraussetzungen für die wirksame Einlegung eines Rechtsmittels kennt. Diese Voraussetzungen habe seine Prozessvertreterin - wie hier - im Fall einer Rechtsänderung während der laufenden Frist zur Einlegung der Berufung sogar mit erhöhter Sorgfalt zu überprüfen. Das gelte umso mehr, als die elektronische Übermittlung seit dem 01.01.2022 für sämtliche Anwaltsschriftsätze zwingend ist.

BGH, Beschluss vom 31.05.2023 - XII ZB 124/22

Redaktion beck-aktuell, 14. Juli 2023.