19 gefälschte Impfbescheinigungen veräußert
Nach den Feststellungen des LG Berlin stellte der Angeklagte 19 unrichtige Impfbescheinigungen aus. Gegen ein Entgelt trug er angeblich erfolgte Erst- und Zweitimpfungen gegen das Coronavirus nebst Impfstoffbezeichnung und Chargennummer in von ihm erstellte oder bereits ausgestellte Impfpässe ein. Die Eintragungen versah er mit dem vorgeblichen Stempel eines Impfzentrums sowie der nachgeahmten oder erfundenen Unterschrift eines angeblichen Impfarztes. Angesichts der damaligen Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte war dem Angeklagten bewusst, dass seine Abnehmer die Bescheinigungen gegenüber Dritten - etwa Apotheken zur Erstellung eines digitalen Impfzertifikats oder in der Gastronomie - zum Nachweis einer angeblichen Schutzimpfungen, vorlegen würden.
LG verneint Strafbarkeit wegen Fälschung von Gesundheitszeugnissen und Urkundenfälschung
Das LG hat den Angeklagten vom Vorwurf der mehrfachen Urkundenfälschung gleichwohl freigesprochen: Eine Strafbarkeit wegen Fälschung von Gesundheitszeugnissen gemäß § 277 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung sei nicht in Betracht gekommen, da die damalige Vorschrift eine Verwendung der Falsifikate bei einer Behörde oder einer Versicherung voraussetzte, was vorliegend bei Gebrauch in der Gastronomie oder in Apotheken nicht gegeben sei. Einer Verurteilung wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB habe entgegengestanden, dass § 277 StGB a.F. eine abschließende Sonderregelung gewesen sei, die einen Rückgriff auf das allgemeine Urkundenstrafrecht verboten habe. Die gegen den Freispruch gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hatte nunmehr Erfolg.
§ 277 StGB a.F. ist keine Spezialvorschrift und entfaltet keine Sperrwirkung
Während der BGH keine Rechtsfehler hinsichtlich des Freispruchs vom Vorwurf der Fälschung von Gesundheitszeugnissen gemäß § 277 StGB a.F. festgestellt habe, so beanstandete er sehr wohl den Freispruch vom Vorwurf der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB. Entgegen der Auffassung von Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung, denen das LG gefolgt ist, handele es sich bei § 277 StGB a.F. nicht um eine spezielle Vorschrift, die den Täter der Fälschung von Gesundheitszeugnissen im Verhältnis zu dem einer Urkundenfälschung privilegieren soll. Weder dem Zweck noch dem systematischen Zusammenhang der miteinander konkurrierenden Bestimmungen oder dem Willen des Gesetzgebers ließen sich Anhaltspunkte für eine solche Privilegierung entnehmen. Erst recht entfalte § 277 StGB a.F. keine "Sperrwirkung" gegenüber § 267 StGB, wenn der Tatbestand der Fälschung von Gesundheitszeugnissen – so wie hier - nicht (vollständig) erfüllt ist. Nun muss das LG erneut verhandeln.