Rechtsmissbräuchlicher Widerruf nach durchgeführtem Vertrag?
In sieben Fällen schlossen Verbraucher mit Kreditinstituten einen verbundenen Darlehensvertrag zum Kauf eines Fahrzeugs. In den Verträgen fehlten Pflichtangaben nach Art. 10 Abs. 2 Verbraucherkreditrichtlinie. Stattdessen enthielten sie jeweils die Klausel, dass der Kreditnehmer bei Widerruf der Willenserklärung einen Wertersatz für die Nutzung der Fahrzeuge leisten müsse. Die Kunden übereigneten der Bank die Wagen zur Sicherheit bis zur Tilgung des Kredits. Die Autokäufer führten die Verträge durch, zum Teil beendeten sie diese sogar - und die Sicherheiten wurden freigegeben. Dann widerriefen sie ihre Willenserklärung zum Abschluss des Darlehens und verlangten die Rückabwicklung des Vertrags - ohne den Wagen abzugeben oder Wertersatz für die Nutzung zu zahlen. In allen sieben Fällen lehnten sowohl das Landgericht München I als auch das Oberlandesgericht München die Klagen ab, weil sie sie überwiegend als rechtsmissbräuchlich betrachteten. Die Verbraucher wandten sich an den Bundesgerichtshof. Der beschloss, das Verfahren auszusetzen und eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen.
Rechtsmissbrauch auch nach europäischem Recht?
Nach nationaler Rechtsprechung ist laut den Karlsruher Richtern nach § 242 BGB die Ausübung des Widerrufsrechts unzulässig, wenn sie missbräuchlich oder gar betrügerisch motiviert ist. Er fragte aber jetzt den EuGH, ob Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48/EG (Verbraucherkreditrichtlinie), der den Widerruf der Vertragsannahme regelt, eine ebensolche Auslegung erlaube. Es gelte zwar der allgemeine Grundsatz, dass die betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf Unionsrecht nicht gestattet sei, und der Mitgliedstaat müsse die Anwendung von Vorschriften in diesen Fällen auch verweigern. Aber welche konkreten objektiven und subjektiven Umstände dazu führen, dass dem Verbraucher die Rechtsfolgen des Widerrufsrechts nach Art. 14 Abs. 1 der Verbraucherkreditrichtlinie verwehrt werden dürfen, hält der XI. Zivilsenat noch für ungeklärt.
Zweck des unionsrechtlichen Widerrufs
Nach Rechtsprechung des EuGH seien dabei die Ziele der Richtlinie zu beachten: Sie will laut den Bundesrichtern sicherstellen, dass der Verbraucher alle Informationen erhält, die erforderlich sind, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen und den Umfang seiner Pflichten zu beurteilen. Zugleich sollten jene Kreditgeber, die die Pflichtinformationen vorenthalten, bestraft werden. Die Sanktionen sollten abschreckend wirken und so die gewerblichen Darlehensgeber anhalten, ihren Pflichten gegenüber den Verbrauchern zu genügen, so der BGH.
BGH möchte Treuwidrigkeit annehmen
Der XI. Zivilsenat ist geneigt, den Verbrauchern in den aktuellen Fällen die Widerrufsrechte abzusprechen: Die Kläger hätten sie gezielt allein dazu eingesetzt, willkürlich wirtschaftliche Vorteile zulasten der Banken zu erlangen. Dafür spreche das widersprüchliche Verhalten, wenn sie den Kredit erst in Anspruch nähmen, ihn auch vereinbarungsgemäß bedienten, um dann - in einigen Fällen nach Tilgung und Freigabe der Sicherheiten - ihre Erklärung zu widerrufen und die Rückabwicklung zu verlangen. Der BGH schließt daraus, dass es den Darlehensnehmern allein darum gehe, das finanzierte Fahrzeug nach längerer bestimmungsgemäßer Nutzung auf Kosten des Kreditinstituts kostenfrei zurückzugeben.