EuGH soll Rechtsfolgen von Zufriedenheitsgarantien klären

Der Bundesgerichtshof hat dem Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Union im Rah­men eines Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chens unter anderem die Frage vor­ge­legt, ob eine alle Anforderungen des Wettbewerbsrechts auslösende Garantie vorliegt, wenn ein Händler ein Rückgaberecht einräumt, das nur von der Zufriedenheit des Kunden abhängt. Eine Online-Händlerin hatte T-Shirts erworben, an denen Anhänger mit der Zusage einer "Lifetime Warranty" hingen.

Hängeetiketten mit Zusage

Eine Online-Shop-Händlerin verlangte von einem Unternehmen für Sport- und Fitnessprodukte, die Verwendung von Hängeetiketten (Hang-Tags) mit Garantieerklärungen zu unterlassen. Sie hatte über eine Testkäuferin bei einem Online-Händler zwei T-Shirts der Beklagten erworben. An ihnen waren Warenetiketten angebracht, auf denen folgender Text aufgedruckt war: "L. Warranty Every L. product comes with our own lifetime guarantee. If you are not completely satisfied with any of our products, please return it to your specialist dealer from whom you purchased it. Alternatively, you can return it to L. directly but remember to tell us where and when you bought it." Die Klage scheiterte beim LG München I. Beim OLG München war sie vorerst erfolgreich, da es an einem Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers und ihre fehlende Einschränkung durch die Garantie sowie an Angaben zu dem Inhalt der Garantie, dem räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes, der Firma und der Anschrift der Beklagten fehle. Auf die Revision der Beklagten hat der I. Zivilsenat des BGH das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt.

BGH legt Rechtsfrage dem EuGH vor

Ob die Beklagte die Vorgaben des § 479 Abs. 1 Satz 2 BGB beachten muss, hängt den obersten Zivilrichtern zufolge von der anhand von Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83/EU und von Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie (EU) 2019/771 zu klärenden Frage ab, ob ihre Zusage auf den Hang-Tags ihrer T-Shirts eine Garantie nach § 443 Abs. 1 BGB darstellt. Mit der Erklärung sei die Firma gegenüber der Verbraucherin die Verpflichtung eingegangen, das von ihr hergestellte T-Shirt im Fall der Unzufriedenheit des Kunden zurückzunehmen. Die Karlsruher Richter haben keine Zweifel, dass bei richtlinienkonformer Auslegung des § 443 Abs. 1 BGB die Zufriedenheit des Verbrauchers mit dem erworbenen Produkt keine einer Garantie zugängliche Beschaffenheit der Kaufsache darstellt. Seine Zufriedenheit könne zwar an den Zustand oder die Merkmale der Kaufsache anknüpfen. Der Käufer könne das Produkt nach der "L. Warranty" aber auch zurückgeben, wenn er die Kaufsache aus in seiner Person liegenden subjektiven Gründen missbillige. Laut BGH ist aber fraglich, ob die Zufriedenheit des Verbrauchers mit der Kaufsache nicht eine Anforderung laut Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie (EU) 2019/771 ("andere[n] als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen") ist und damit eine Garantie im Sinne von § 479 BGB darstellt. Sofern diese Frage bejaht werde, sei zu klären, ob das Fehlen dieser subjektiven Anforderung anhand objektiver Umstände feststellbar sein müsse. Der BGH neigt dazu, diese Frage zu verneinen.

BGH, Beschluss vom 10.02.2022 - I ZR 38/21

Redaktion beck-aktuell, 25. Februar 2022.